Urlaub allein – Bali #1

Es gibt ein Lied von Herbert Grönemeyer namens „So wie ich„. Letzter Song auf seinem Album Schiffsverkehr, mit eingängiger Melodie und sagenhaftem Text. Das Lied ist eine Ode an die Selbstliebe. Und beginnt mit folgender Zeile:

„Ich will mit mir in den Urlaub fahren“

Ich musste sehr schmunzeln, als ich am zweiten Abend auf Bali zufällig beim Scrollen im iPod über den Titel stolperte, ihn anwählte und Herbert mir diese Worte ins Ohr sang. Denn in diesem Moment überwog sofort der Zweifel daran, dass das ein Wunsch ist, den jemand tatsächlich formuliert. Allein in den Urlaub fahren – pff, wer macht denn sowas? Also freiwillig? Fragte ich mich. Und musste in der nächsten Sekunde zähneknirschend zugeben: Ich!

Denn streng genommen war ich freiwillig drei Wochen allein auf Bali. Fairerweise muss ich allerdings hinzufügen, dass ich mich aber nicht gewehrt, hätte wenn jemand, mit dem ich mir drei Wochen Abenteuer vorstellen kann, hätte begleitet wollen. Im Gegenteil – das hätte ich toll gefunden. Doch weder der Liebste noch die entsprechenden Freunde hatten Zeit. Nun hätte ich sagen können „Och nööö, bevor ich allein fahre, fahre ich lieber gar nicht. Is doch voll blöde, wenn keiner dabei ist. Mir wird bestimmt auch total langweilig *nöl*“ Hab ich aber nicht. Ich hab mich festgestellt, dass der Zeitpunkt für mich gerade total gut ist und ich nicht mit Sicherheit weiß, dass ich in den nächsten Jahren wieder einmal drei Wochen für solch einen Zweck freischaufeln kann. Außerdem fand ich´s albern, vor etwas zurückzuschrecken, was doch so viele machen. Jedenfalls war das mein Eindruck, als ich die Entscheidung traf: dass das viele machen.

Die Realität scheint anders zu sein: Ziehen wir die Reiseblogger mal ab, scheint es nicht allzu viele Menschen zu geben, die selbstgewählt allein in die Fremde aufbrechen. Dieser Eindruck folgt drei Beobachtungen:

1. „Aaaaaallein? Echt? Wow, das finde ich aber mutig“ war die wohl häufigste Reaktion auf meine Pläne.

2. „Wo wart Ihr denn schon auf Bali?“/ „Zwei Personen?“ / „Wann fliegt Ihr wieder zurück?“ und ähnliche Fragen begegneten mir jeden Tag. Ob Pensionsinhaber, Tischnachbar oder Shopinhaber – sie alle setzen erst einmal voraus, dass ich eine Begleitung habe, die nur gerade nicht neben mir steht.

3. Ich habe fast ausschließlich Paare getroffen. Die ersten zehn Tage bin ich mit niemandem ins Gespräch gekommen, der auch allein unterwegs ist. Beispiele gefällig? Sandra bucht eine Mountainbike-Tagestour. 13 Personen sind dabei: sechs Paare und ich. Sandra besucht einen Kochkurs. Acht Personen sind dabei: ein Pärchen, ein Duo aus zwei Freundinnen, ein Dreier-Kumpelsteam aus England und – ganz genau – ich. Sandra sitzt in einem typischen Backpacker-Café, plaudert mit einem Typ übers Reisen und am Ende stellt sich raus, dass er da gerade nur allein ist, weil seine Freundin noch in irgendeinem Kurs ist. To be continued!

Das alles hat mich doch überrascht, ich hatte mit einer höheren Zahl an Alleinreisenden gerechnet. Zum Glück kreuzten dann doch noch eine Handvoll meinen Weg, aber wie gesagt: Insgesamt war von den vielen Backpackern, die mir als alleinreisend angekündigt wurden, nicht viel zu spüren. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass ich wohl tatsächlich ein bißchen mutig bin?

 

Schlimm war´s nicht, das Alleinsein. Dann und wann ein klitzekleines bißchen langweilig, ja. An Eindrücken und Abwechslung hat es mir dabei nicht gemangelt, aber an Kommunikation. Mir hat es vor allem gefehlt, mit jemandem in meiner Muttersprache zu scherzen. Ich brauche Humor im Alltag. Und auf Reisen auch. Ein bißchen Quatsch erzählen. Das war kaum möglich ohne eine vertraute Person an der Seite. Und natürlich hätte ich mich gern über das, was ich erlebe, ausgetauscht. Aber alles in allem: Alleinreisen tut nicht weh. Man konzentriert sich zwangsläufig ein bißchen mehr auf sich selbst, wie man in Situationen reagiert, was Freude macht und was nicht. Das ist ja auch mal ganz aufschlussreich. Außerdem macht das Nach-Hause-Kommen noch mehr Spaß als ohnehin schon. Was hab ich mich drauf gefreut, die Lieben daheim wiederzusehen! Sehr sehr sehr.

Nur eins ist ein wirklich schwerwiegender, kaum zu tolerierender und nur mit hinduistischer Spiritualität zu ertragender (wer die Ironie nicht rausliest, den stoße ich jetzt mit der Nase drauf) Nebeneffekt: Es gibt keine spontan von jemandem eingefangene Fotos von mir im Urlaub. 94 Prozent der Bilder zeigen Natur, Tempel, Meer, Reisfelder und Details aus der balinesischen Kultur. Ein paar davon werde ich Euch bald mit Bali-Empfehlungen zeigen. Die restlichen sechs Prozent zeigen Menschen. Vielleicht die Hälfte davon mich. Und zwar in der Regel in der typischen „Ich halte meinen Arm gaaanz weit weg, drehe die Kamera um und schieße selbst ein Foto von mir“-Variante. Ich konnte von Glück sagen, dass meine Canon ein schwenkbares Display hat, so dass ich wenigstens immer gleich ganz drauf war und nicht ständig zigmal auf den Auslöser drücken musste, bis endlich mal der gesamte Kopf drauf ist. Von daher wäre ein extra für den Urlaub engagierter Fotograf vielleicht eine gute Urlaubsbegleitung, wenn man partout nicht allein reisen möchte. Hat man ihn nicht, sieht man eben so aus:

Handy

Oder so.

Canon

Oder auch so.

Nikon-Unterwasserkamera

Und wenn man Glück hat, dann läuft einem ganz zufällig ein kleines Mädchen über den Weg, das sich nichts mehr wünscht, als einen Herzensgruß nach Deutschland zu schicken und mit auf dem Selbstbildnis sein zu können.

Canon

Also, wer auch immer von Euch mit dem Gedanken spielt, allein loszuziehen, dem sei gesagt, dass es eine zunächst merkwürdige Variante des Reisens ist. Dass man anfangs durchaus genervt davon sein kann, dass man sich selbst der Nächste ist. Aber das verschwand bei mir nach rund einer Woche. Folgende drei Tipps mag ich Euch fürs Alleinreisen auf den Weg geben:

  1. Scheut Euch nicht vor dorms, also Mehrbett-Zimmern. Dort habe ich die entspanntesten Leute getroffen, die auch allein reisen.
  2. Verzichtet auf Restaurants, wo Ihr brav am Tisch sitzen muss, sondern sucht Euch die typischen Backpacker-Locations aus, wo man auf Kissen gämmelnd ne Kleinigkeit isst und W-Lan hat. Nichts hilft mehr beim aufsteigenden Gefühl von Einsamkeit als bei Facebook reinzuschauen oder mal eine Mail schreiben zu können.
  3. Unternehmt was Organisiertes: Touren, Kurse, Tauchgänge… Aktivitäten lassen den Tag schnell vergehen und man empfindet das Alleinsein anschließend wieder als vollkommenen Luxus.

In der kommenden Zeit stelle ich Euch hier auf dem Blog meine Indonesien-Stationen etwas genauer vor. Wer weiß, vielleicht packt Euch dann ja auch das Fernweh und Ihr macht Euch auch auf Bali. Ob allein oder in Begleitung. Was mich jetzt natürlich brennend interessiert: Wer von Euch war schon einmal allein unterwegs? Habt Ihr dabei viele oder wenig Alleinreisende getroffen? Oder kommen für Euch nur Urlaube in Begleitung infrage?

Ich freue mich über EURE Erfahrungsberichte!

About Sandra

Ich schreibe hier über drei Dinge, die mich jeden Tag aufs Neue beschäftigen: meine Heimatstadt Bremen, meine berufliche Selbständigkeit und mein Alltag als Mutter eines Kleinkindes. Was mir am Herzen liegt: Euch anzustiften! Zu Unternehmungen an der Weser, zu Mut im Berufsleben und zu einem humorvoll-offenen Herzen für Eure Kinder. Allen Herausforderungen zum Trotz. Dass es nicht immer einfach ist, Familie und Job zu vereinbaren, darum geht es hier nämlich auch ab und zu.

6 thoughts on “Urlaub allein – Bali #1

  1. Also zu erst muss ich sagen, dass deine Selbstprotraits sehr schön geworden sind. Ich bin in unseren Urlauben eigentlich diejenige, die ständig den Fotoapparat in der Hand hat und somit gibt es von meinem Freund zig tausend Bilder und von mir wenn es gut läuft 5. Ein Begleiter ist also nicht unbedingt ein Garant dafür, dass man auf den Urlaubsbildern zu sehen ist 😉
    Ich war bisher nur einmal richtig alleine unterwegs und das auch nur für eine Woche auf Fuerteventura. Ich bin vor dem verregneten Sommer geflüchtet und hatte mich daher kurzfristig für einen Last-Minute Urlaub entschieden. War ok, zumal dass ein reiner Bade- und Strandurlaub war. Aber ein wenig Unterhaltung fehlt einem da schon.

  2. Hach, ich nehme es mir schon sehr lange vor und hab es dann doch nicht gemacht. Finde den Gedanken ganz toll und freue mich von deiner Erfahrung zu lesen. Vielleicht klappt es ja auch irgendwann mal bei mir – mit Buch im Zug durch Europa – wie ich es mir immer vorgestellt hatte 🙂

    1. Los geht´s! Jetzt planen, bald machen. Sonst macht man es nie….. Und lesen auf Reisen ist wirklich toll, Hab auch drei Wälzer und ein Hörbuch geschafft – ein echtes Vergnügen.

  3. Hehe, ja die Reaktionen auf’s Alleinreisen kenne ich. Ich hab‘ letztes Jahr einen Single-Urlaub mit Frosch Sportreisen gebucht. Also eine organisierte Reise nach Korfu und trotzdem fanden es alle total mutig. Dort waren allerdings wirklich hauptsächlich Alleinreisende, die wie ich keine anderen Urlaubspartner gefunden hatten und trotzdem Urlaub machen wollten. Das Schöne dort war, dass man immer Leute hatte, denen man sich anschließen konnte oder die das Gleiche machen wollten wie man selbst. Man war also nie allein wenn man nicht allein sein wollte.
    Und hinterher wurden über dropbox Bilder ausgetauscht. Ein paar gibt’s also auch von mir. 🙂
    Finde ich aber spannend, dass du berichtest, dass auf Bali auch hauptsächlich Grüppchen oder Pärchen unterwegs waren. Hätte ich gar nicht gedacht!
    Ganz liebe Grüße!
    Anja

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