Es gibt Beziehungen in meinem Leben, die sind intensiv und einzigartig. Derart, dass man sich nicht vorstellen kann, ohne sie zu sein. Die Beziehung zwischen mir und meinem täglich aufgesprühten Eau de toilette ist eine von ihnen. In Sachen Duft lebe ich minimalistisch. Monogam. Hab ich den einen, the one and only, für mich gefunden, bin ich treu. Lasse ihn über Jahre jeden Tag ran und schaue mich nach anderen gar nicht mehr um. Egal welches Outfit, egal welche Laune, egal welcher Tag – wir sind dann unzertrennlich. Und werden über die Jahre eins. Zu einem Paar, das man ohne den anderen nicht mehr kennt. Ich erinnere mich gut an einen Gesprächsfetzen meiner Studienzeit:

„Das war total irritierend, sag ich Dir. Da macht mir meine Schwester die Tür auf, ich trete zu ihr ins Haus – und denke plötzlich, dass Du vor mit stehst. Der Geruch. Es war Dein Parfum. Ich kenne das sonst nur an Dir. Der Duft, das bist Du.“

Mir gefällt das – so eng verbunden zu sein mit eine kleinen feinen Nuance. Einem Hauch von Unerkennbarkeit. Und ich mag das auch bei anderen. Jemanden in den Arm nehme und gewohntes zu schnuppern – ein schöner Moment.

Mit einem auserwählte Parfum ist es aber genauso wie mit einer großen Liebe: Ist es nicht mehr da, scheint ein Stück des eigenen Selbst zu fehlen. Genau diesen Trennungsschmerz mache ich gerade zum zweiten Mal in meinem Leben durch.

Wenn die erste große Liebe geht…

Das erste Mal hatte mich vor ziemlich genau zehn Jahren „Jil“ von Jil Sander verlassen. Dem Schock folgte der verzweifelte Versuch, den Duft wiederzubekommen. Ich kehrte zurück an alle Orte, an denen wir uns begegnet waren. Selbst Parfümerien im Ausland und ebay ließ ich nicht aus. Aber „Jil“ kam nicht mehr. Auf den akuten Trennungsschmerz folgte Resignation. Und der feste Vorsatz, erst einmal Single zu bleiben. Ich hatte zwar einige kurze Affären mit anderen Düften, aber keiner vermochte mich lange an sich zu binden. Auch Verkupplungsversuche blieben ohne Erfolg. Das Herzklopfen blieb aus, es waren vielmehr Zweckbeziehungen.

Irgendwann trat aber doch ein Duft in mein Leben, mit dem ich wieder auf Wolke Sieben schwebte. Zeitgleich mit einem Mann. Er war es nämlich, der meinen Duftkummer erkannte. Er ging daher heimlich, still und leise auf Schnupperreise, um mich schließlich mit einem Duft zu überraschen, in den ich mich genauso verliebte wie in ihn: Idole d´ Armani. Wir passten perfekt zusammen – sowohl der Mann und ich als auch der Duft und ich. Als wären wir schon seit Jahren füreinander bestimmt, aber das Schicksal hätte auf den perfekten Moment des Zusammentreffens gewartet. Liebe auf den ersten Riecher war das – und so gingen wir über Jahre gemeinsam durchs Leben.

Aber jetzt, jetzt geht auch diese Liebe zuende. Unübersehnbar sind unsere Tage gezählt, nur eine letzte einsame Pfütze Leidenschaft wartet im Flacon. Die Trennung steht bevor, wir wissen es beide. Wir gehen im Guten auseinander, wissen wir doch, dass es nicht unsere Schuld ist, sondern die der Parfümerie. Idole d´Armami gibt es nicht mehr.

Anbändeln mit dem neuen

Doch den Mann, der Idole zu mir brachte, den gibt es noch immer. Für immer. Und er beobachtete auch dieses Mal die sich anbahnende Katastrophe, in die ich zu schlittern drohte. Beschloss, es dieses Mal nicht so weit kommen zu lassen, mich vor One-Sprüh-Stands und verzweifelten Affären zu bewahren. Und so machte er sich in der vergangenen Woche beflügelt vom Volltreffer der Vergangenheit ein zweites Mal auf, um den perfekten Sandra-Duft zu finden. Und wieder gab er Armani sein Ja-Wort.

„Si“ – dieses Mal gibt es einen schleichenden Übergang. Ich kann friedlich Abschied nehmen von meiner langjährigen großen Liebe, weiß ich doch, dass eine neue auf mich wartet. Aller guten Dinge sind drei, dreimal ist Bremer Recht, so sagt man. Drücken wir die Daumen, dass mein neuer dieses Mal länger bleiben kann.