Work is not a Kinderspiel #2. Oder auch: Interview mit Ninia von Ninia LaGrande

Foto: Alexandra Reszczynski

Die ersten acht Arbeitswochen nach der Babypause, sie waren für mich wie ein berufliches Wochenbett.  In dieser Zeit habe ich mich häufig gefragt, wie andere Mompreneurs ihren Wiedereinstieg in den Job wohl erlebt haben und welche Tipps sie rückblickend an selbständige Neu-Mamas geben. Fertig war die Idee zu der Interview-Serie „Work is not a Kinderspiel.“ Heute erzählt Ninia von Ninia LaGrande, die vor 10 Wochen ihr erstes Kind bekommen hat, wie sie ihren so schnellen Start zurück ins Arbeitsleben gestaltet.

Ninia, wenn ich es richtig gesehen habe, bist Du schon jetzt wieder beruflich unterwegs. Wie geht´s Dir damit? 

Sehr gut! Kasimirs Papa ist aktuell in Elternzeit und Kasimir selbst macht die ganze Situation auch super mit, so dass ich die Termine, die ich schon vor der Geburt bewusst so geplant hatte, alle wahrnehmen kann. Es ist aufregend! Auch, wenn es komisch klingt: Ich tanke beim Arbeiten wieder Kraft für den Kleinen und fülle meinen Akku auf. Gleichzeitig genieße ich momentan aber auch, dass ich wirklich sehr, sehr wenig Termine habe und fast immer zuhause bin. Das ist genauso schön! Nur einige Kommentare von außen zu meiner „frühen“ Rückkehr hätte ich mir gerne erspart, aber so ist das leider. Auch 2017 noch. Was teilweise dafür gesorgt hat, dass ich dachte, ich sei als Mutter irgendwie kaputt, weil ich nicht den ganzen Tag vor Sehnsucht weine, wenn ich ohne Baby und Mann unterwegs bin.

Klappt der Weg zurück ins Berufsleben so, wie Du ihn Dir vorgestellt hat, oder gab es schon erste Erkenntnisse, dass es in der Praxis doch anders läuft als in der Theorie gedacht?

Na, das ist ja alles noch ganz frisch und durch die Elternzeit vom Papa sehr gut zu machen. Spannend wird es für uns, wenn er wieder arbeiten geht und ich tagsüber beides balancieren muss: meine Selbstständigkeit und das Kind. Andererseits arbeite ich in der Regel ja abends auf irgendwelchen Bühnen – und da ist der Papa dann wieder da. Wir werden sehen, wie das funktioniert. Vermutlich nicht so, wie ich es mir vorstelle, aber ich lasse es einfach auf mich zukommen.

Eine lange Elternzeit, kam die für Dich von vornherein nicht in Frage? War die schnelle Rückkehr in den Job eine pragmatische Entscheidung, ein Herzenswunsch oder was ganz anderes?

Das hatte verschiedene Gründe. Einerseits kann ich ganz ohne Job nicht. Dazu gehört bei mir ja aber auch, einfach zu schreiben – und das kann ich auch super zuhause machen (wobei das gerade eher in die frühen Morgenstunden verlegt wird, wenn das Baby noch eine Runde pennt). Andererseits hatte ich die Befürchtung – ob berechtigt oder nicht – dass ich nicht zu lange von der Bildfläche verschwinden darf, um weiterhin Aufträge zu bekommen.

Reisen und Hotelübernachtungen prägen Deinen Job. Wer kümmert sich in dieser Zeit um MiniLaGrande? Wirst Du ihn vielleicht auch manchmal mitnehmen?

Aktuell kümmert sich der Papa, wenn ich weg bin (sonst auch). Dann gibt’s da noch zwei Omas, die schon mit den Hufen scharren. Und, wenn Kasimir ein wenig älter ist, will ich ihn gerne mitnehmen, wenn ich unterwegs bin und es sich mit dem Job vereinbaren lässt. Ich erwarte das auch von Auftraggeber*innen, dass sie so etwas unterstützen. Im Vorfeld habe ich mit ein paar Kabarettistinnen gesprochen, die ihre Kinder alle wie selbstverständlich früh mit auf Tour genommen haben. Das ist also möglich.

Glaubst Du, dass es weiterhin gelingen wird, Deinem persönlichen Anspruch an Arbeitsergebnisse gerecht zu werden oder planst Du ein, auch einmal Abstriche machen zu müssen?

Ich versuche die Abstriche zu kompensieren, indem ich nicht mehr so viele Aufträge annehme wie früher. Dann lieber wenig und das richtig gut. Ich kann es mir nicht leisten, schlechtere Ergebnisse abzuliefern – dann reduziere ich die Aufgaben lieber. Oder versuche weniger Arbeit in unbezahlte Sachen zu investieren.

Gibt es Menschen, die Dir das Vereinbaren von Kind und Job erleichtern oder vielleicht sogar erst ermöglichen?

An erster Stelle natürlich der Vater, obwohl das eine absolute Selbstverständlichkeit sein sollte. Dann natürlich meine Mama und Schwiegermama, die schon oft ihre Hilfe angeboten haben. Und einige Freund*innen, die immer gerne bereit sind, einzuspringen. Noch bin ich aber so wenig unterwegs, dass ich auf die Angebote noch nicht zurückkommen musste.

Und was ist mit der Digitalisierung: Ist sie Fluch oder Segen für selbständige Eltern?

Für mich ein absoluter Segen. Ich habe gelernt, mir digitale Pausen zu schaufeln, abends keine Mails mehr zu beantworten und am Wochenende nur sporadisch ins Postfach zu schauen. Es gibt kaum etwas, was so dringend ist, dass ich das am Samstagabend beantworten muss – das war schon vorm Kind so. Und so ist die Digitalisierung ein absoluter Segen für mich. Ohne wäre ich vor allem nicht da, wo ich heute bin und könnte kaum einen meiner Aufträge erledigen. Kolumnen, Artikel, Schreibaufträge – die kommen ja aus ganz Deutschland, da kann ich nicht überall hinfahren. 

Oft ist es so, dass man sich als Paar bei der Kinderbetreuung die Klinke in die Hand gibt: Kommt eine/r nach Hause und übernimmt das Kind, fängt die/ der andere an, im Homeoffice zu arbeiten, Kunden zu treffen oder in Deinem Fall zu Auftritten zu reisen. Wie kann man da eigentlich noch Zeit für die Paarbeziehung aufbringen?  

Das ist eine sehr gute Frage. Der Mann und ich sind diese Aufteilung allerdings gewohnt, weil es die letzten Jahre ja schon immer so war, dass ich abends und am Wochenende in der Regel nicht zuhause war. Und als Paar haben wir trotzdem super funktioniert. Die Frage ist natürlich, wie das jetzt mit Kind klappt. Und ganz ehrlich: Das kann ich noch nicht beantworten. Dafür ist es noch viel zu früh. Wir merken schon, dass wir natürlich viel, viel weniger Zeit füreinander haben. Das wussten wir ja aber vorher und das ist total ok, weil dieser kleine Mensch uns sehr glücklich macht. Trotzdem versuchen wir, uns klitzekleine Zeitfenster zu schaffen und, wenn das Baby im Bett ist zum Beispiel, einfach zwei Stunden für uns zu genießen. Meine Schwiegermutter hat uns zur Geburt geschenkt, ein Wochenende im Monat auf Kasimir aufzupassen (natürlich auch aus Eigeninteresse), damit wir Zeit für uns, Kino, Essen, Party, Konzerte oder ähnliches haben. Noch nehmen wir das Angebot nicht wahr, aber der Zeitpunkt wird sicher kommen. 

Dein ultimativer Tipp an Selbständige, wie der Wiedereinstieg in den Job gut klappt?

Ich bin da ja noch im Prozess, aber was ich auf jeden Fall als Tipp geben kann, ist: Ruhe bewahren. Ich hatte in der Schwangerschaft eine Phase, in der ich mir sehr viele Sorgen bezüglich des Wiedereinstiegs gemacht habe. Geholfen hat mir ein Tipp von Teresa Bücker – Finanzen auflisten und planen. Das hat mich beruhigt, weil ich alles schwarz auf weiß hatte. Ich plane sehr, sehr gerne und bin super strukturiert, daher habe ich auch hier alles einfach geplant – wie es dann am Ende kommt, ist eine ganz andere Sache. Und ich hatte eine Abwesenheitsnotiz bei meinen Mails, in der stand, dass ich voraussichtlich ab dem 1. Mai wieder gut zu erreichen bin und gerne wieder Aufträge für den Herbst 2017 annehme – das hat gleich gezeigt, dass ich nicht weg bin und das „voraussichtlich“ hat mir offen gehalten, diese Frist zu verlängern.

Diese Abwesenheitsnotiz hatte ich auch, Ninia. Das ist wirklich ein guter Tipp. Ich danke Dir, dass Du Dir zwischen Wochenbett und Bühne Zeit für die Antworten genommen hast! Merci! Und weiterhin viel Freude mit und an Kasimir.

Das erste Interview verpasst? Kein Problem, hier geht´s zur Übersicht der Reihe #worksinotakinderspiel.

About Sandra

Ich schreibe hier über drei Dinge, die mich jeden Tag aufs Neue beschäftigen: meine Heimatstadt Bremen, meine berufliche Selbständigkeit und mein Alltag als Mutter eines Kleinkindes. Was mir am Herzen liegt: Euch anzustiften! Zu Unternehmungen an der Weser, zu Mut im Berufsleben und zu einem humorvoll-offenen Herzen für Eure Kinder. Allen Herausforderungen zum Trotz. Dass es nicht immer einfach ist, Familie und Job zu vereinbaren, darum geht es hier nämlich auch ab und zu.

One thought on “Work is not a Kinderspiel #2. Oder auch: Interview mit Ninia von Ninia LaGrande

  1. Liebe Sandra,
    ich finde das ist eine ganz tolle Serie, und ich freue mich über weitere Interviews, gerne breit gefächert – auch mal ein Mann* oder jemand im Angestelltendasein. Gerade bei letzterem würde es mich z.B. auch interessieren, ob es Frauen oder Männer gibt, die Kind und Arbeit stärker miteinander verbinden können. Das bewegt mich nämlich…
    *Ich finde, wenn zu solchen Themen v.a. Frauen interviewt werden, dann suggeriert das weiterhin, dass diese für Vereinbarkeit von Familie und Beruf zuständig sind. Dabei sollte es eigentlich beide Ehepartner betreffen. Bei uns liegt dafür aber auch ganz typisch die Hauptverantwortung bei mir, weil der Mann das meiste Geld verdient. Vielleicht ist es bei anderen Paaren aber ja anders.
    Auch würde mich ein Nachfolge-Interview freuen, wie das so klappt mit Kind mitnehmen zu Terminen und Abendveranstaltungen. Meine Erfahrung von nur einigen wenigen notwendigen Terminen mit Kind in der Elternzeit ist leider, dass man dann doch öfter am Besten noch eine zusätzliche Betreuungsperson dabei haben muss.
    An Ninia alles Gute!
    Liebe Grüße Nanne

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