"Alle anderen"

„Alle anderen“ erzählt von einem Paar, das Urlaub auf Sardinien macht. Am Anfang dachte ich nur „Wow, was für eine tolle Beziehung. So anders und gleichzeitig so verbunden“. Doch im Laufe der rund zwei Stunden entsteht eine unerwartete Distanz zwischen den beiden, die in gewisser Weise wortlos entsteht. Stimme und Sätze zeigen zwar, das etwas nicht in Ordnung ist, aber woran es liegt, bleibt für den jeweils anderen Spekulation. Deutlich ist nur, das sich die beiden mehr und mehr voneinander entfernen. Interessant war der Vorwurf der Protagonistin an ihren Freund, nicht den Mut zu haben, sich zu entscheiden. Dass er nicht entscheiden könne, zwischen der uneingeschränkten Freiheit und einem festen Lebensentwurf. Sowohl Gesa als auch ich hatten ad hoch zwei Beispiele für Männer parat, die genau deshalb Bindungsangst haben. Aufgrund des Gefühles, nicht mehr zwischen hunderten Alternativen wählen zu können, sondern für immer festgelegt zu sein. Dabei gewinnt man erst, wenn man einmal eine Entscheidung getroffen hat, die Freiheit, auch anderes zu tun. Die permanente Konfrontation mit zig Ideen und Lebensentwürfen führt doch zu nichts anderem, als stetiger Unzufriedenheit, gedanklicher Überforderung und vermeintlicher Abwechslung. Aber wenn man ehrlich ist, ist dieses Verhalten feige und führt am Ende dazu, dass man gar nichts richtig hat.

Nach dem Film wußte ich jedenfalls mehr denn je, was ich brauche: einen Partner, der keine Angst davor hat, verbindlich zu sein. Für den Familie nicht das Ende seiner persönlichen Freiheit bedeutet, sondern der verstanden hat, das ein stabile Partnerschaft und ein ritualisierter Alltag die Kraft für alles andere im Leben geben kann. Es ist ziemlich offenkundig, dass es heute viele Männer gibt, die genau das nicht mehr können. Wir haben diskutiert, woran das wohl liegt, fanden aber auch keine passende Antwort. Und deshalb sind wir nach einem ruhigen Glas Wein ohne Ergebnis auch noch in den Tunnel zu einer illegalen Elektroparty und haben die Gedanken einfach von den Bässen wegfegen lassen.

About Sandra

Ich schreibe hier über drei Dinge, die mich jeden Tag aufs Neue beschäftigen: meine Heimatstadt Bremen, meine berufliche Selbständigkeit und mein Alltag als Mutter eines Kleinkindes. Was mir am Herzen liegt: Euch anzustiften! Zu Unternehmungen an der Weser, zu Mut im Berufsleben und zu einem humorvoll-offenen Herzen für Eure Kinder. Allen Herausforderungen zum Trotz. Dass es nicht immer einfach ist, Familie und Job zu vereinbaren, darum geht es hier nämlich auch ab und zu.

One thought on “"Alle anderen"

  1. Erstmal: Wow, toller Blog!

    Und dann media in res: Den Film haben wir auch gesehen. Für mich war der männliche Hauptdarsteller eindeutig der Böse: Der-der-sich-nicht-festlegen-will, der-der-sich-nicht-an-Zusagen-traut, der-der-alles unverbindlich-haben-will. Ja, und F. (sowie meine Kollegin!) haben das ganz anders wahrgenommen: Beide tragen ihren Teil bei. Sie verlangt auch so viel. Sie fordert zu sehr. Sie hat zu hohe Ansprüche – wie er sein soll, was er machen soll, wie die Beziehung auszusehen hat.

    Ja … so unterschiedlich können Blickwinkel sein.

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