Donna W. Cross: "Die Päpstin"

Das Papstum hat mich ja schon während meines Studiums immer fasziniert. Ich habe zwar nicht die Hälfte vom Gelernten behalten, aber dennoch war das Buch „Die Päpstin“ eine Erinnerung an die vielen Vorlesungen bei Prof. Weinfurter über die Karolinger, das Kaiser-Papst-Verhältnis, Liber pontificalis, Papst Leo, Schlacht von Verdun, Synoden zu Glaubensfragen, Kaiser Lothar… Willkommen zurück im Studium der mittelalterlichen Geschichte.
Das Buch hat allerdings nicht in erster Linie den Anspruch, die Geschichte des 9. Jahrhunderts en detail zu erzählen, sondern das Leben einer intelligenten Frau zu beleuchten, die nur durch die Verwandlung zum Mann den Weg in Bibliotheken und schließlich auf den Papststuhl schafft. Große rhetorische Geschicklichkeit, die fast schon an die Dialektik des 12. Jahrhundert erinnert, und glänzende Vernunft bietet Johanna dar. Und sie schafft es, gläubig und fortschrittlich zugleich zu sein. Sie ist weder Fatalistin noch Ketzerin. Spannend und an manchen Stellen unverblümt grausam erzählt Donna Cross die Geschichte, die demnächst auch im Kino zu sehen ist.

Soweit ich weiß ist noch heute unklar, ob es die Päpstin wirklich gegeben hat oder ob sie als Legende betrachtet werden muss. Beide Varianten machen eines mal wieder deutlich: Geschichtsschreibung beruht – zumindest bis in höhere Jahrhunderte hinein – auf Indizien und Interpretationen. Ich erinnere mich an eine Hausarbeit, die ich über das Constitutum Constantini und die Frage, ob es schon vor Kaiserkrönung Karl des Großen bekannt gewesen sein muss, schrieb. Nein, musste es meiner Meinung nach nicht. Aber wissen tue ich es nciht. Und war es nicht ein Wissenschaftler namens Demandt, der mit vielen Quellen belegen konnte, dass es Karl den Großen gar nicht gab? Andere Quellen hingegen bezeugen seine Existenz zweifellos. Es kann also durchaus auch sein, dass es Johanna gab, ihre Amtszeit aber im Liber pontificalis nicht aufgenommen wurde. Und schon verändert sich die Sicht auf alle Dinge, die damit in Zusammenhang stehen.

Das Papsttum ist ein irres System, das mich immer wieder in seinen Bann zieht. Denn selbst wenn es alles herrschsüchtige Machenschaften sind, auf denen es beruht – irgendwie schaffen die Amtsinhaber es dann doch konsequent, ihr Weltbild zusammenzuhalten. Ich möchte nicht wissen, wie ähnlich es in der Politik zugeht. Werden nicht auch dort Strippen gezogen, Machtwechsel manipuliert, Strategien angewendet etc.? Im Kleinen fängt sowas doch sogar schon im eigenen Büro an..

About Sandra

Ich schreibe hier über drei Dinge, die mich jeden Tag aufs Neue beschäftigen: meine Heimatstadt Bremen, meine berufliche Selbständigkeit und mein Alltag als Mutter eines Kleinkindes. Was mir am Herzen liegt: Euch anzustiften! Zu Unternehmungen an der Weser, zu Mut im Berufsleben und zu einem humorvoll-offenen Herzen für Eure Kinder. Allen Herausforderungen zum Trotz. Dass es nicht immer einfach ist, Familie und Job zu vereinbaren, darum geht es hier nämlich auch ab und zu.

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