Abends, halb sechs am Brill. Es ist schon ziemlich dunkel und die Scheiben des Buses sind etwas beschlagen. Wie viele Viren sich hier gerade auf dem Haltegriffen einen Rastplatz gönnen, denke ich bei mir. Viel Verkehr, Feierabend-Trubel, Menschen mit in Plastiktüten versteckten Konsumgütern. Mein Magen signaisiert vorwurfsvoll, dass das Mittagessen heute ausfallen musste. Der Bus setzt sich in Bewegung, ich schaue aus dem Fenswter. Und plötzlich wird die urbane Gegenwart von einem Anblíck friedlicher Kindheitsrituale durchbrochen. Auf der Weserbrücke spaziert ein kleiner Junge ganz behutsam mit einer Laterne in der Hand gen Neustadt. Seine Mutter versucht in ganz kleinen Schritten mit seiner Langsamkeit eine Harmonie zu erreichen. Der Junge blickt überrascht und vorsichtig zugleich, und das güldene Licht weist ihm den Weg.
Die Situation wirkt auf mich antik, fast schon fremd. Inmitten des städtischen Hastens mit Handy am Ohr und den Gedanken bei der eigenen Aufgabenliste, erscheint dieser Moment kindlicher Bescheidenheit und Faszination wie eine unerreichbare Oase.