Urlaubsabschnittsgefährten – Reisen in unterschiedlichen Konstellationen

Alle Welt redet von „Lebensabschnitten“. Zeit sich einmal über Urlaubsabschnitte Gedanken zu machen. Über die vielen Varianten der Feriengestaltung, die im Wesentlichen einer typischen Aneinanderreihung folgen. Ich weiß nicht, wie es denen von Euch geht, die den 30. Geburtstag schon hinter sich haben, aber ich könnte mir vorstellen, dass Euch das nicht völlig unbekannt vorkommt:

Reisen mit den Eltern

Beim Start der eigenen Urlaubshistorie hatte ich naturgemäß noch wenig Mitspracherecht. Die Eltern wählten aus, die Eltern packten die Koffer und irgendwann wurde ich dann mit Keksen und dem Lieblings-Schnuffelkissen nachts um 11 auf die Rückbank eines bis unters Dach vollgepackten PKWs bugsiert. Stolze Familienvater fahren nämlich nachts. Weil dann die Autobahnen frei sind. Weil die Fahrt ziemlich lang dauern wird. Weil sie Helden sind, die ihre Familien sicher und ohne zu knurren über die Alpen transportieren. Drei Wochen Österreich standen Jahr für Jahr in den Sommerferien auf dem Programm. Ja, drei Wochen! Meine Kindheit der 80er Jahre war noch geprägt von langen Urlaubszeiten. Von „Flutschfinger“ und „BumBum“ mit Kaugummistiel am See. Von Kartenspielen am Abend und Tretbootfahren am Mittag. Vom Gipfel bekraxeln mit gebräunten schlanken Kinderbeinen und kleinem roten Rucksack über den Schultern.

Reisen mit Eltern + Freundin

Doch dann kam irgendwann der Zeitpunkt, an dem meine Eltern als Urlaubsbegleitung nicht mehr reichten. Wo sich die Familie plötzlich in Zwei zu Eins aufzuspalten schien und ich mit schlechtgelaunter Miene in meinem Kaiserschmarren stocherte. Alles uncool, meinte die post-pubertierende Jugendliche in mir. Es war Zeit, Verstärkung zu holen. Und so begann nach „Reisen mit Mama und Papa“ der Urlaubsabschnitt „Reisen mit Mama und Papa und einer Freundin. Neben die Kärntner Berge war inzwischen die Nordseeinsel Sylt als Erholungsort getreten. Sowohl auf die Berge als auch am Strand wurde jetzt mit Meinesgleichen gewandert. Und wir Freundinnen begannen, uns abzuseilen. Um mal allein eine Pizza zu essen oder einfach allein in der Ferienwohnung abzuhängen. Dabei kamen wir uns ungemein eigenständig vor.

Reisen mit Eltern + Freund

Die nächste Stufe auf der Urlaubskarriereleiter hieß „Reisen mit Mama und Papa und Freund“. Oh ja, nun kamen die Jungs ins Spiel. Und da jeder Abschied – sei es für nur drei Stunden oder gar eine ganze Ferienwoche – eine existenzbedrohende Krise bei frischverliebten Teenagern auslösen kann und Eltern mit einer Tochter, die vom Ferienort ständig nur nach Hause telefonieren will, auch nichts anfangen können, entschließt man sich zu einem Urlaub zu viert. Mit gemeinsamem Schlafzimmer für das junge Glück. Wow, das fühlte sich echt erwachsen an. Irgendwie ebenbürtig zu den Eltern. Die eigene Unabhängigkeit wurde noch deutlicher hervorgehoben, indem man häufig entweder erst einige Tage nach den Eltern an den Ferienort reiste oder schon früher wieder nach Hause fuhr. Ich entwickelte mich zum Ferienbesuch meiner Eltern und brachte in der Regel jemanden mit. Einmal, als sie Weihnachten und den Jahreswechsel auf Sylt verbrachten, sogar Freund und beste Freundin. Rückblickend betrachten kann ich nur mit großem Respekt anerkennen, dass die beiden so viel „Fremdes“ im eigenen, zur Erholung vom Vollzeitjob dienenden Urlaub zugelassen haben. Doch das habe ich damals natürlich gar nicht registriert.
Die Urlaube wurden zu dieser Zeit auch kürzer, erinnere ich mich. Statt drei Wochen im Sommer verreisten wir nun immer öfter mal zehn Tage im Herbst oder eine Woche im Frühling. Und dieser Trend zur Verkürzung sollte mich in den kommenden Jahren begleiten: verlängerte Wochenenden, einwöchige Urlaube, Besuche bei Freunden… Mit dem Studium verabschiedeten sich die klassischen Urlaube, die ich von zuhause gewohnt war. Aber zuvor begann ja noch was anderes:

Pärchenurlaub

Den ersten Pärchenurlaub verbrachte ich mit 17 in Cuxhaven. Fünf Tage lang versuchte ich, erwachsen zu sein: in einem Hotelzimmer zu wohnen, mit meinem Freund essen zu gehen, die wichtigsten Ereignisse mit der Kamera festzuhalten, Souvenirs zu kaufen… Ich ahmte nach, was ich mir unter einem erwachsenen Ferienleben so vorstellte. Doch ich muss gestehen, dass es sich nicht stimmig anfühlte, plötzlich allein mit meinem Freund an einem Frühstücksbuffet den Teller zu füllen. In den kommenden Jahren änderte sich das natürlich. Liebesurlaub zu zweit wurde was Tolles. Vor allem, weil es nicht die einzige Ferienvariante war. Denn schließlich ist das Studium die Zeit, in der man Menschen aus ganz Deutschland kennenlernt. Wo liebgewonnene Kommilitoninnen plötzlich in andere Städte oder dank Erasmus sogar in andere Länder ziehen. Nie war es so einfach und schwer, Städte und Länder kennenzulernen. Einfach, denn die Semesterferien boten genügend Zeit und die Ansprüche gingen über eine Luftmatratze und fließend Wasser nicht hinaus, schwer, weil einfach viel zu wenig Geld vorrätig war. Die Billigflieger etablierten sich gerade erst und häufig zwang mich die Disziplin, in der Bibliothek zu bleiben. Doch im Studium knüpfen wir ein Netzwerk, das spätestens beim Einstieg ins Arbeitsleben die Urlaubsplanung erheblich vereinfacht.

Allein, zu zweit, zu dritt, als Paar oder befreundet

Denn auch in den ersten Berufsjahren gilt häufig: der Kontostand reicht nicht für eine Weltreise. Außerdem verstreuen sich die Freunde jobbedingt in alle Richtungen und man möchte sie natürlich wiedersehen. Und so war mein Volontariat und mein erster Job geprägt von Kurztrips zu Freunden oder kleinen Urlauben gemeinsam mit Freunden. Eine Woche Sardinien hier, ein langes Wochenende in Amsterdam dort, ab und zu mal nach Berlin, regelmäßig eine Woche Sylt, paar Tage Barcelona… Die Urlaubsabschnittsgefährten habe ich dabei eine Zeit lang gewechselt wie meine Frisur. Wer hat Zeit und ist verträglich? Auf geht´s! Inzwischen engt es sich meine Wahl aber auf wenige Menschen ein. Liegt das vielleicht auch an der gleich beschriebenen Veränderung?

Hochzeiten

Irgendwann dann läuten die Kirchglocken eine neue Ära ein, die von zweierlei geprägt ist: Zum einen legt man seine Urlaubstage um Hochzeiten herum. Frei nach dem Motto „Wenn wir eh schon in Süddeutschland sind, können wir auch noch ein paar Tage Italien ranhängen“ oder „Meine Au-Pair-Freundin heiratet nunmal in Costa Rica, da flieg ich ja nicht für zwei Tage hin“ verbindet sich der romantischer Anlass mit dem Erkunden der unmittelbaren Umgebung am Ort des Geschehens. Zum anderen verliert man mit jeder Hochzeit UrlaubsabschnittsgefährtInnen. Denn wer heiratet, kümmert sich in den kommenden Jahren meist auch um die Frage „Wie verreise ich am besten mit Baby?“. Junge Mütter nehmen laut eigener Aussage zur Kenntnis, dass sie ab diesem Zeitpunkt All-inclusive-Urlaube in kinderfreundlichen Hotelanlagen jeder Individualreise vorziehen! In jedem Fall aber zelten nur die wenigstens mit ihren Singlefreundinnen in Kanada. Wir sehen also: Eheschließungen können einen enormen Einfluss auf die eigene Urlaubsgestaltung nehmen.

Urlaub als Familie

Was kann ich also froh sein, nicht mehr Single zu sein, sondern nun selbst dort anzukommen, wo ich als Kleinkind mit meinen Eltern begonnen habe: beim klassischen Familienurlaub in den Sommerferien. Dieses Jahr werden auch wir das Auto bis zum Dach vollpacken, zwei Kinder auf die Rückbank stecken und über die Alpen fahren. Österreich lassen wir allerdings auch hinter uns – bella italia ist angesagt. Was mich dabei froh macht: ein bißchen was von der Studentin in mir ist übriggeblieben, denn auf dem Weg dorthin werden wir wohl bei einer Freundin Halt machen und wenn alles klappt, wird mich vor Ort eine italienische Freundin besuchen, die ich während meines Auslandsaufenthalt kennengelernt habe. Aber sehen wir den Tatsachen dennoch ins Auge: Was mit 17 in Cuxhaven mühevoll versucht wurde, ist mit 32 schlichtweg naheliegend. Urlaub wie ihn Erwachsene so machen.

Reisen mit Fremden

Doch wer sich nun fragt „Was ist eigentlich mit fremden Kulturen und Rucksackreisen auf eigene Faust?“, dem sei noch Folgendes gesagt: Ich arbeite daran.

Wie es wohl so ist, mit ganz unbekannten Urlaubsabschnittsgefährten?

Und ob im Alter die Überschrift „Unterwegs mit Adler-Reisen und dem Kegelclub“ lautet?

Ich bin gespannt!

 

About Sandra

Ich schreibe hier über drei Dinge, die mich jeden Tag aufs Neue beschäftigen: meine Heimatstadt Bremen, meine berufliche Selbständigkeit und mein Alltag als Mutter eines Kleinkindes. Was mir am Herzen liegt: Euch anzustiften! Zu Unternehmungen an der Weser, zu Mut im Berufsleben und zu einem humorvoll-offenen Herzen für Eure Kinder. Allen Herausforderungen zum Trotz. Dass es nicht immer einfach ist, Familie und Job zu vereinbaren, darum geht es hier nämlich auch ab und zu.

3 thoughts on “Urlaubsabschnittsgefährten – Reisen in unterschiedlichen Konstellationen

  1. war aber auch schön damals, als man von den eltern quer durch europa kutschiert wurde. ich glaube ich fahre mal wieder mit meinen weg, im ü30-alter geht das ja wieder 🙂
    liebe grüsse, holunder

  2. sehr schöner artikel =) ich bin leider immer noch auf dieser ebene auch mal als single verreisen zu müssen. also irgendwie dem urlaub mit vielen freunden und vor allem dem mit den eltern entwachsen und noch nicht im familienurlaub drin, weil dazu partner und kinder fehlen. aber ich freue mich auf diese zeit, wo man sich in der geborgenheit der familie ausruhen kann und nicht mehr auf urlaube allein angewiesen bin. lieber ein ruhiges leben mit familie als dieses gehetzte singledasein =)

  3. Oh, was für ein schöner Blogpost! Ich freue mich so, endlich mal schöne Blogs aus dem Norden gefunden zu haben (dieses und die von den anderen Nordbloggern) und lese mich hier gerade nach und nach durch. Dankeschön 🙂

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