Mit sechzehn sah die Zukunft noch anders aus

Eine große helle Altbauwohnung mit Alsterblick in Hamburg, eine Job als Journalistin bei den Öffentlich-Rechtlichen, ein Freundeskreis aus spannenden Menschen und natürlich auch einen Mann an meiner Seite, der mich liebt – ich glaube, so ungefähr hab ich mir als Sechszehnjährige mein Leben mit 33 vorgestellt. Den Weg dorthin sah ich als einen Mix aus Fleiß und Talent. Ob und wo ich studieren würde, was die Schlüsselmomente und -personen auf diesem Weg sein könnten und alles andere habe ich mir nicht en Detail überlegt. Ich wusste nur eines: Hat man ein Ziel, muss man die Weichen so stellen, dass es erreichbar bleibt.

Warum mir das gerade so durch den Kopf schießt? Weil ich morgen einer Gruppe aus 25 Schülerinnen und Schülern gegenüber sitzen werde, um mit ihnen über Berufswünsche, Jobwahl und meinen eigenen Werdegang zu sprechen. In Bremen findet wieder die Aktion „Klasse Frauen“ statt und ich war ziemlich überrascht, als ich vor einigen Wochen eine Anfrage von Ulrike Hauffe in meinem Postfach fand, ob ich teilnehmen könnte. Ich sagte „Ja“. Weil ich glaube, dass individuelle Geschichten wie meine die Angst vor der großen, in diesem Alter noch sehr abstrakte Frage „Was willst Du später einmal werden?“ nehmen können.

Denn ganz ehrlich – wer kann das in diesem Alter schon beantworten? Ich möchte sogar noch weiter gehen: Gibt es nicht immer wieder im Leben einen Zeitpunkt, wo wir uns fragen, was wir eigentlich werden wollen? In welche Richtung wir uns beruflich entwickeln wollen? Selbst wenn wir den Traumberuf gefunden haben – wollen wir ihn weiterhin dort machen, wo wir gerade sind, oder wollen wir nochmal das Unternehmen wechseln? Wollen wir vielleicht ins Ausland für eine Zeit? Oder firmenintern aufsteigen? Angestellt bleiben oder unser eigenes kleines Café aufmachen? Und für uns Frauen gibt es da ja noch die schwierige Frage: Wie lassen sich Beruf und Familie vereinbaren? In diesem Sinne vermittelt die Frage nach dem Berufswunsch einem Jugendlichen ein bißchen zu Unrecht den Eindruck, dass die Antwort darauf ein für alle Mal vorgibt, wie die Zukunft sein wird.

Journalistin in Hamburg – nö, das bin ich nicht geworden. Bis zur Zwischenprüfung im Studium hielt ich an dem Wunsch fest und tat alles, um diesen Wunsch erfüllen zu können: Praktika, Mitarbeit beim Radio, praxisorientierte Seminare an der Uni, das Studium ganz grundsätzlich… Und genau diese umfangreiche Praxiserfahrung ließ mich zu dem Schluss kommen, dass das nicht hundertprozentig etwas für mich ist. Statt dessen begann ich mich beim Sichten von Pressemitteilungen, die mich in der Radioredaktion erreichten , zu interessieren, wie und warum es manche Themen in die Medien schaffen und warum andere nicht. Bääääm, plötzlich steckte ich kopfüber in der Unternehmenskommunikation. Und dachte ich nach den ersten Berufsjahren als angestellte Pressesprecherin noch zufrieden, ich sei am Ziel angekommen, brachte der Durchbruch der Online-Kommunikation auch das wieder  durcheinander. Plötzlich waren da Blogs, die von der Unternehmenskommunikation nicht mehr ignoriert werden konnten, und das große Sterben der klassischen Medien. Plötzlich fehlte dem Pressesprecher-Dasein noch eine Ergänzung.

Und jetzt bin  ich selbständig. Es ist das Reihenhaus in Bremen ohne Weserblick geworden und ein Job als… ja, als was eigentlich? Als PR-Beraterin? Als Social Media-Managerin? Als Projektleiterin? Als Pressereferentin? Als Texterin? Die EINE Berufsbezeichnung gibt´s in meinem Falle gar nicht. Und stört das irgendwen außerhalb der Behörden, die auf einem Formular das Textfeld „Beruf“ eindeutig gefüllt wissen wollen? In der Regel nicht. Lange Rede, kurzer Sinne: Es ist  anders gekommen, als mit sechzehn gedacht. Gut ist es trotzdem.

Was also kann man sechszehnjährigen Schülern sagen? Wohl das: Habt eine Vision, die sich an Euren Talenten orientiert, aber geratet nicht in Panik, wenn sich auf dem Weg dorthin irgendwann ein neuer Impuls ergibt!

Und Ihr? Was ist aus Euren Plänen mit süßen sechzehn geworden? Voll durchgezogen oder ganz wo anders gelandet?

P.s. In Ermangelung eines digitalen Bildes, das mich mit Sechzehn zeigt, gibt´s zu diesem Beitrag einfach eines aus Kindertagen. Als man sich nicht über die Berufswahl Gedanken machte, sondern nur über Schokolade.

About Sandra

Ich schreibe hier über drei Dinge, die mich jeden Tag aufs Neue beschäftigen: meine Heimatstadt Bremen, meine berufliche Selbständigkeit und mein Alltag als Mutter eines Kleinkindes. Was mir am Herzen liegt: Euch anzustiften! Zu Unternehmungen an der Weser, zu Mut im Berufsleben und zu einem humorvoll-offenen Herzen für Eure Kinder. Allen Herausforderungen zum Trotz. Dass es nicht immer einfach ist, Familie und Job zu vereinbaren, darum geht es hier nämlich auch ab und zu.

2 thoughts on “Mit sechzehn sah die Zukunft noch anders aus

  1. Oh ja, mit sechzehn hatte ich auch noch ganz große Pläne. Zahnärztin wollte ich werden, unbedingt. Und dann mit 28 verheiratet sein und Mutter werden, Häuschen dazu etc. Tja, und dann… Wegen des NC habe ich erstmal keinen Studienplatz bekommen und habe alternativ in den Niederlanden Betriebswirtschaft studiert (wg. der Wartesemester), dann hab ich das ZM-Studium in Frankfurt angefangen. Da war ich 23. Nach diversen Tiefschlägen, kam dann vor knapp vier Jahren der endgültige Schlussstrich. Inzwischen habe ich meinen Traumjob, der nichts mit der (Zahn-)Medizin zu tun hat, und meinen Traummann gefunden. Und vielleicht kommt dann wenigstens der private Rest auch noch irgendwann. Ich bin ja erst 32…….

    LG und viel Spaß bei der Aktion, Stephi

  2. Mit 16 wollte ich Meeresbiologin werden und die Wale retten oder Psychologin.
    Ohne Abi war das leider nicht möglich (Verdammt, hätte ich mit 13 doch mehr gelernt….)
    Ausserdem dachte ich, ich hätte mit 30 schon 3 Kinder, einen Mann und einen Hund.

    Wie ich dann ohne Kinder in der Schifffahrt und einer wilden Ehe gelandet bin… Keine Ahnung.
    Aber zumindest mit der wilden Ehe und dem Leben ohne Kinder, bin ich an ca. 360 Tagen im Jahr glücklich.

    Aber einen Hund, denn möchte ich unbedingt noch haben (wenn die Zeit reif ist)

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