„Im Schnoor ist es so schön!“ Das höre ich oft von Leuten, die in Bremen zu Besuch sind. Recht haben sie und doch bin ich selbst fast nie dort. Und das, obwohl das historische Quartier mit den kleinen Gässchen nur fünf Gehminuten von meinem Büro entfernt liegt, sämtliche Bus- und Bahnlinien vis-à-vis halten und ich mindestens jeden zweiten Tag mit dem Rad an einer Ecke vom Schnoor vorbeidüse. Aber irgendwie liegt das in der Natur des Städters: Man ist einfach sehr selten an den Plätzen, die jeder Reiseführer bejubelt. Ging mir in Heidelberg damals ähnlich: Wann war ich auf dem Philosophenweg oder oben am Schloss? Richtig, wenn ich Besuch hatte.
Und so kommt es, dass ich erst in der vergangenen Woche dank eines Tipps im „Hanse Feinkost Kontor“ gelandet bin, einer kleinen Gastronomie mit Mittagstisch, feinen Leckereien zum Mitnehmen, Wein und Kunst. Im Dezember hat es eröffnet – doch so richtig viele kennen es noch nicht. Liegt für Bremer eben nicht auf dem Weg.
Und so wirkt der Laden auch noch etwas einsam, wenn man hineingeht. Vereinzelt sitzt mal jemand am hohen Holztisch in der Mitte des Raumes, isst zufrieden mit Blick in die Zeitung seinen Bio-Imbiss und schnackt ein bißchen mit dem Inhaber. Der ist Koch, kommt ursprünglich aus Ostdeutschland und lässt sich wirklich eine Menge schöner Sachen einfallen, die erst im Topf und dann im Regal landen. Viele verschiedene Gläser gefüllt mit regionalen Gerichten stehen dort: Rote Grütze, Grünkohl, Krabbensuppe…. Alles selbstgemacht, alles bio, alles zu erschwinglichen Preisen.
Kinnertön gibt es auch. Was das ist? Ja, das wußte ich auch nicht, bis es mir der Koch erklärte: Es sind in Branntwein eingelegte Rosinen, die ein Vater nach der Geburt seines Kindes löffelt. Ein ostfriesischer Brauch. Ein schönes Mitbringsel also, wenn Ihr das nächste Mal bei Freunden zum Babybesuch vorbeischaut.
Labskaus und zwei Suppen standen bei meinem Besuch auf der Kreidetafel, die über die täglich wechselnden Gerichte vor Ort informiert. Ich entschied mich für Kartoffelcreme-Suppe für 3,60. Dazu gab es Brot, eine Lemonaid und hinterher noch einen Kaffee. Insgesamt bezahlte unter 9 Euro für ein gutes Angebot.
Um ganz ehrlich zu sein, habe ich meine Bedenken, ob es das Hanse Feinkost Kontor an der Stelle lange geben wird. Allerdings nicht, weil die Qualität nicht stimmt, sondern weil die Bremer ihre Mittagspause leider nicht im Schnoor verbringen. Sondern ihr Süppchen traditionell bei Emmis oder auf dem Markt schlürfen.
Umso mehr würde es mich freuen, wenn es wider Erwarten doch funktioniert. Also, schaut doch mal vorbei und bummelt ianschließend mal wieder durch die engsten Straßen Bremens.
Hanse Feinkost Kontor Marteburg 30-31 Bremen-Schnoor
Moin Sandra! Hoffentlich ist das Feinkost Kontor noch da, wenn ich im Oktober nach HB komme! Vielen Dank für die Berichterstattung.
Grüßle
Ursel
Kinnertön hab ich hier auch erst vor kurzem kennengelernt.
Gibt es hier beim Kindpinkeln und heißt hier Bohntjesopp.