Wo ist der Notfall-Ordner? Oder auch: Hilfe, der Fasching kehrt in mein Leben zurück.

Ach Du Schreck! Nächste Woche ist Karneval.  Fasching. Rosenmontag, Aschermittwoch und so. Normalerweise kriege ich Faschingsmuffel so etwas hier in Bremen gar nicht so  mit, aber in diesem Jahr ist es gleich aus zwei Gründen anders: Erstens habe ich eine Dienstreise ins Rheinland geplant – für Mitte nächster Woche. Was das bedeutet, hat mir mein Kontakt vor Ort dann erst mal sagen müssen.  Der zweite Grund ist allerdings der noch gravierendere: Mit dem Lütten ist nun auch Fasching in mein Leben zurückgekehrt.

Man muss mich nicht besonders gut kennen, um zu wissen, dass alles, was nach Kreativität und Fingerfertigkeit verlangt, mich schreiend davon laufen lässt. Upcycling-Blumentöpfe, selbstgebastelte Kindergeburtstags-Einladungen, aufgemöbelte Schränke… alles, was im engeren oder weiteren Sinne mit DIY zu tun hat, ist mir ein Graus. Fragt mich nicht warum. Ich hege dagegen eine ähnliche Abneigung wie gegen das Kochen. Mit dem Unterschied, dass ich mich ums Kochen nicht dauerhaft drumherumschummeln kann (es sei denn, ich setze mich auf Dauerdiät oder gebe Unmengen an Kohle für Restaurantbesuche und Lieferservice aus), um Klebestift,  Kartoffelbrei mit Erbsengesichtern, Fensterbilder und Mottoparties hingegen schon. Dachte ich.

Nachdem auf meinem Schwangerschaftstest zwei Striche aufgetaucht waren und ich mich einige Wochen gedanklich mit den bevorstehenden neuen Aufgaben beschäftigt hatte, schwante mir bereits, dass ich damit nicht komplett richtig liege. „Ach Du Schreck, so ein Kind braucht dann ja nach der Schule immer ein gescheites Mittagessen. Von Mama gekocht.“ und „Naja, ich will ja auch nicht jeden Geburtstag im Spieleparadies verbringen. Also eigentlich gar keinen.“-Erkenntnisse überrollten mich  und veranlassten mich, einen leeren Schnellhefter aus dem Schreibtisch zu ziehen, in dem ich seitdem Seiten sammle, die ich aus Zeitschriften herausreiße. Seiten, auf denen erklärt wird, wie man aus selbstgesammelten Steinen ein Memory macht.   Wofür alte Klopapierrollen herhalten können. Mit welchem Ratespiel man Zwerge auf langen Autofahrten bei Laune hält. Und wie man blitzschnell einen fluffigen Nachtisch zaubert, wenn mal überraschend ein Besucher-Kind verköstigten muss. Kurz gesagt: ein Ordner voll von pipieinfachem Kindergarten-Knowhow, das ich Stadtpflanze mit zwei untalentierten (oder einfach unwillentlichen?) Händen nicht im Kopf habe. Wie gut, dass es Baby & Familie in der Apotheke, ELTERN am Kiosk und Babywelt bei Rossmann gibt. Und wie gut, dass meine Hände zumindest Seiten aus Magazinen reißen können.

An eine Sache hatte ich aber selbst im vergangenen Jahr, in dem das Kind bereits aus Fleisch und Blut vor mir lag, nicht gedacht: Fasching! In dieser Angelegenheit ignorant und unbedarft öffnete ich ohne Schlimmes zu ahnen eine WhatsApp-Koversation: die unserer Babyturn-Gruppe. Niemand setzte einen warnenden Spoiler vor die Worte, die mich atem- und fassungslos vor dem Smartphone zusammenschrecken ließen: „Am Montag ist Karneval bei uns und wer möchte, kann verkleidet kommen.“ Und ja, das möchten einige, wie die darauffolgenden Nachrichten unmissverständlich deutlich machten.

Versteht mich nicht falsch: Ich gönne jedem diesen bunten Trubel und die Freude an Verwandlungen mit Kostümen. Wirklich! Nur reizt es mich einfach null. Das muss mal anders gewesen sein, wenn ich mir Kindergartenbilder von mir anschaue, auf denen Sandra als Clown oder Ähnliches zu sehen ist. Da ich fröhlich in die Kamera lache, gehe ich davon aus, dass ich  Spaß  hatte. So viel Spaß, wie der Lütte ihn vermutlich auch haben wird in einigen Jahren. Und das ist der Punkt: Ich gehöre künftig wohl doch zu dem Haufen von Menschen, die im Februar Konfetti einpacken (okay, das ist noch die leichteste Übung), Blumen auf Wangen malen oder aus Aluminiumfolie und großen Kartons Raketen bauen. (Am Ende eines langen Arbeitstages, wenn der Abwasch mit müden Augen erledigt und die Brotbüchsen für den nächsten Tag gerichtet wurden, versteht sich). Weil ich dem Lütten seinen Spaß gönne und er sicher nicht der einzige sein soll, der am Rosenmontag nicht wild und bunt im Kindergarten oder in der Schule aussieht. Es sei denn, er findet das selbst total schrecklich, dann zwinge ich ihn natürlich nicht.

Der Fasching kehrt langsam in mein Leben zurück. Weil in einigen Bereichen einfach nicht zählt, was Mama und Papa gut, wichtig und richtig finden, sondern was dem Kind Freude bereitet. Dieses Jahr werde ich allerdings noch auf den ganzen Tamtam verzichten und völlig Spaßbremsen-mäßig ohne verkleidetes Kind beim Babyturnen aufkreuzen.

Okay, vielleicht mal ich doch was auf die Wange.

Was Kleines.

Ach so, ich kann ja gar nicht malen. Werde schnell mal meinen DIY mit Kind-Notfallordner vorholen. Vielleicht finde ich da was, was ich abpauschen kann….

P.s. Na, erkennt Ihr mich auf den Bildern wieder?

About Sandra

Ich schreibe hier über drei Dinge, die mich jeden Tag aufs Neue beschäftigen: meine Heimatstadt Bremen, meine berufliche Selbständigkeit und mein Alltag als Mutter eines Kleinkindes. Was mir am Herzen liegt: Euch anzustiften! Zu Unternehmungen an der Weser, zu Mut im Berufsleben und zu einem humorvoll-offenen Herzen für Eure Kinder. Allen Herausforderungen zum Trotz. Dass es nicht immer einfach ist, Familie und Job zu vereinbaren, darum geht es hier nämlich auch ab und zu.

6 thoughts on “Wo ist der Notfall-Ordner? Oder auch: Hilfe, der Fasching kehrt in mein Leben zurück.

  1. Toller Artikel und genau den gleichen Gedanken hatte ich heute auch. Aber was macht man nicht alles für die Kleinen 😉 und vielleicht finden wir den Spaß daran dann auch wieder 🙂

  2. Dann stell dich auf ein paar wunderbare Jahre ein Ich bin echt froh, dass ich aus der Sache mit dem Fasching raus bin (und ich kann wenigstens nähen) Ich leide mit dir!

  3. Oh, ich kann dich gut verstehen.
    Ich bin selbst totaler Verkleidungsmuffel und mir graust es schon vor dem Gedanken, dass ich mich da bald auch nicht mehr vor drücken kann. Aber was tut man dann nicht alles für die lieben Kleinen? 😉

    In deinen Ordner mit einfachen Kreativ-Ideen und wie man die Lütten unterwegs beschäftigen kann, würde ich ja gerne mal einen Blick werfen. ;D Ich glaube, sowas sollte ich mir auch anlegen. Bisher beschränkt sich meine Sammlung auf Blogartikel, die irgendwann vielleicht mal nützlich sein könnten. Aber noch sind das sehr wenige… Ich habe da auf jeden Fall noch Bedarf. 😉

  4. Ich hab grad mein „erstes Mal“ als Elternteil hinter mir. Wir haben es uns einfach gemacht und ein Kostüm gekauft. Und Jaaaa irgendwie ist was selbstgemachtes bestimmt liebevoller, aaaaber meine Tochter sah so so so so niedlich aus (es wurde ein Marienkäfer) ich hatte Pipi in den Augen und mein Herz quoll über vor lauter Stolz und Mutterliebe. Ja,mein Kind trägt irgendeinen Plastiktüllrock und ich bin stolz. Das können nur die Muttertierhormone machen 🙂 nun bin ich angefixt, das nächste Jahr werde ich zumindest einen Teil versuchen selber zu machen, was glaubst du,wie stolz ich dann erst sein werde?

  5. Das erinnert mich gleich wieder daran, dass im Dachgeschoss noch ein Nähprojekt (Pippi langstrumpf Kleid)-auf mich wartet
    Und dabei hat es mich voll erwischt und ich möchte einfach ins Bett.
    PS: bei H&M gibt es fast ganzjährig Verkleidungen. Nächsten Monat auch sicher auf dem sale ständer. Ich hab hier so einiges, da mein großes Mädchen phasenweise nicht OHNE Kostüm aus dem Haus ging. Hab immer schöne Blicke auf mich gezogen mit Tinkerbell und Supergirl an der Hand

  6. Oooch, mit den Kiddies machte das ja schon Spaß. Wir haben daheim damals rauschende Faschingspartys mit Freunden, Kind und Kegel gefeiert. Aber als die Zeit dann vorbei war, entwickelte ich mich prompt wieder zum Karnevalsmuffel.
    Halt die Ohren steif! Am Mittwoch ist alles vorbei!
    Grüßle
    Ursel

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