Quatsch im Matsch. Oder auch: Die Wahrheit über einen Kleinkind-Tag am Strand

Morgens, halb 10 in Bremen. Ich radle zwischen Weser und Kleingärten durch die seelenschmeichelnde Sonne. Das Weserstadion funkelt mir entgegen, der Lütte sitzt entspannt im Fahrradanhänger und Vogelstimmen sind das einzige, was ich höre. Hach, wat schön, so ein freier Mai-Montag, an dem man das herrliche Wetter mit einem Vormittag im Café Sand voll auskosten kann. Ich sehe es schon genau vor mir: Ein nahezu menschenleerer Strand, meine Zehen im weichen Sand, der Lütte schaut hin und wieder keck unter seinem Sonnenhut zu mir herüber, während er mit Schaufel vor sich hinbuddelt und ich genieße mit einem Eis in der Hand den Blick rüber auf den Osterdeich. Welch Luxus. Ich schenke mir ein High Five im Geiste.

Leute, ich sollte  es doch inzwischen besser wissen, oder? Knapp 16 Monate ging keiner meiner Pläne auf, in denen sowohl der Lütte als auch ein in Ruhe getrunkener Kaffee, zwei entspannt gelesene Buchseiten, drei Minuten konzentriertes Zuhören oder Ähnliches vorkommen. Und doch gilt für jede Premiere bei Unternehmungen  mit Kleinkind das gleiche wie für die Teilnahme Deutschlands am ESC: die Hoffnung, dass neue Situationen unerwartete Erfolgsmeldungen hervorbringen stirbt zuletzt.

Wie an jenem Montag in der vergangenen  Woche. Diesem ersten richtigen Strandtag mit Kleinkind, Sonnenmilch und Sandspielzeug.  Diesem Tag, an dem ich mich ml wieder der Realität geschlagen geben musste und so einiges gelernt habe: Wie so ein Strandtag mit Kleinkind nämlich wirklich ist. Für alle Realisten, die es noch vor sich haben, folgt nun die ganze Wahrheit über einen Besuch im Café Sand mit Kind. Wer lieber noch ein bißchen von der Idylle am Wasser träumen mag, liest besser nicht weiter.

MIT KLEINKIND AM STRAND: VORSTELLUNG UND WIRKLICHKEIT

„Perfekter Ort zum Buddeln. Ich muss unbedingt Sandspielzeug einpacken.“

Nö, muss man nicht. Am Strand läuft es nämlich nicht anders als auf dem Spielplatz: 37 Prozent der Zeit ist nur das interessant, was anderen gehört, 4 Prozent der Zeit wird das eigene Spielzeug benutzt und 59 Prozent der Zeit wird das zweckentfremdet, was eigentlich nicht zu spielen gedacht ist: Steine, Stühle und  der halbe Inhalt von Mamas Tasche. Mein Tipp: Packt immer einen kleine mit Reißverschluss verschlossene Tasche in Eure große, damit ihr Handy und andere empfindliche Sachen vor einem Bad im Sand schützen könnt.

„Ich kauf mir ein Eis. Ein Cornetto Buttermelk Zitrone.“

Ja, könnt Ihr machen. Wenn Euer Pöks schon Eis darf und ihr ihm den Großteil des Eis überlassen wollt. Der Lütte hat schon mal Eis probiert, aber an dem Punkt, das ich mir eins kaufe und er ein eigenes kleines bekommt, sind wir noch lange nicht. Das wäre allerdings die wohl einziges Variante, wie ihr zu Eurem eigenen Eis kommt, das ihr dann allerdings runterschlingen müsst, weil das des Kindes ziemlich sicher in kürzester Zeit im Sand landen würde und nicht mehr zu gebrauchen wäre. Spätestens dann will es nämlich wieder Eures.

Mein Tipp: Kauft Euch Eis für die heimische Kühltruhe und esst es zuhause. Heimlich, versteht sich!

„Zu einem Strandtag gehört selbstverständlich frisches Obst. Ich schneide dem Lütten noch mehr leckere Sachen auf als wir sonst dabei haben.“

Viel Spaß beim Auflesen der vom Sand panierten Bananen-, Melonen- und Birnenstücke. Obwohl der Lütte zuhause immer sehr manierlich isst, hat er im Sand Gefallen daran gefunden, einen Teil seines Obstproviant immer erst von seiner Snackbox*  in den Sand zu legen, bevor er es in den Mund steckt.

Mein Tipp: In Sachen Obst am besten Sorten einpacken, die in einem Haps im Mund verschwinden oder leicht vom Sand zu reinigen sind (z.B. Blaubeeren oder Weintrauben). Und auch wenn ich sonst nicht so ein großer Fan von den gekauften „Quickie-Lösungen“ für unterwegs bin, sind Quetschies und Getreideriegel an einem Strandtag durchaus  super Begleiter.

„Ich enstpann ein bißchen in der Sonne, während der Lütte spielt.“

Haha. HAHAHA! Mal ganz abgesehen, dass man sich mit Kleinkind ja möglich gar nicht in der direkten Sonne aufhalten sollte, vergeht keine Minute, in dem der Knirps nicht doch irgendwie die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Nonverbal kann er nämlich auch so einige Botschaften senden, auf die man reagieren muss: „Guck mal Mama, ist krabble in Richtung Wasser.“ Mama muss Kind vor dem Ertrinken bewahren. „Woooöööhh nöö, Mama, ich will den Sonnenhut nicht aufbehalten.“ Mama muss regelmäßig dafür sorgen, dass er es doch tut. „Mama, hier ist Essen in Deiner Tasche. Gib es mir. Sofort!“ Mama muss Kind vor dem von ihm gefühlten nahenden Hungertod bewahren. „Wow, auf diesem Strandstühlen kann ich ja super aufrecht stehen.“ Mama muss aufgrund anderslautenden Einschätzungen ein Auge aufs Kind behalten, damit es nicht kopfüber die Lehne runterpoltert. „Mama, du guckst nicht  genau hin, was ich mache, daher nöle ich jetzt einfach mal grundlos für mich hin.“ Mama muss Kind trösten und es dann dabei angucken, wie es Dinge macht, damit es zufrieden ist. „Mama, was zum Teufel hast DU das zu trinken/ essen? Das will ich auch. Sofort!“ Mama muss ihr Essen und Trinken mindestens mit Kind teilen, damit es sich nicht schluchzend in den Sand wirft. Und. So. Weiter.

Mein Tipp: Wenn Ihr eine entspannte Stunde am Strand genießen wollt, lasst das Kind zuhause.

„Er wird so süß aussehen mit seinem Schlapphut.“

Er sieht sogar waaahnsinnig süß aus mit dem Sommerhut, den ich bereits seit letztemJahr in der Kommode liegen habe. Blöd nur, dass er oft keine Lust hat, ihn aufzubehalten und vom Kopf zieht. Daher habe ich aufgerüstet und bei SüßStoff einen Sonnehut von Pickapooh* besorgt, der etwas enger sitzt und zudem unterm Kinn zsuammengebunden wird. Welcher der beiden sich langfristig mehr auszahlt, werde ich sehen.

Mein Tipp: Setzt die Mütze am besten genau dann auf, wenn Euer Kind gerade zufrieden auf etwas anderes konzentriert ist. (Bei uns heißt das: Gebt ihm was zu essen in die Hand.) Meist vergessen sie im nächsten Moment, was sich da aufm Kopp gerade getan hat ud lassen die Mütze erst einmal auf.

„Eine kurze Hose und ein ganz dünnes langärmliches Shirt sind ein gutes Outfit für den Lütten.“

Ja. Und nein. Der ultimative Fehler ist es vor allem, nur ein Outfit einzuplanen. Sobald Wasser in der Nähe ist, ist auch eine große Matschschlacht nicht weit. Und den Spaß möchte man seinem Kind ja auch lassen. Bedeutet aber auch, dass es samt Kleidung in nullkommanix nass und dreckig ist. Außerdem bin ich mir nicht ganz sicher, ob ich ihn nicht vielleicht doch einfach nur in einen Body oder sogar in eigens für solche Fälle hergestellte UV-Strandkleidung stecke. Wie handhabt Ihr das?

„Damit ich in der Sonne nicht so schwitze, ziehe ich auch was Helles an.“

Wenn Ihr hinterher nichts mehr vorhabt, macht ihr das so. Wenn doch, könnte sich Euer gegenüber wundern, warum ih denn so fleckige olle Kleidung am Leib tragt. Fakt ist: Dreckiges Kind bedeutet dreckige Mutter. Irgendwann will ein Kind nämlich immer mal auf den Arm.

Mein Tipp: Zieht den Bauch ein, wenn er Euch stört, und tragt obenrum einfach auch nur ein Bikini-Oberteil, untenherum ne kurze Hose. Oder eben was dunkleres / gemustertes. Oder nehmt Euch auch ein zweites Outfit mit.

MIT KLEINDKIND AM STRAND: TROTZDEM SCHÖN!

„Boah, voll anstrengend das alles, darauf hab ich keinen Bock!“ Nee, diesen Gedanken schiebt ihr mal gleich wieder zur Seite. Trotz all dieser Anstrengung macht so ein Tag wahnsinnig viel Spaß. Ganz besonders, wenn man noch eine zweite Begleitung mitnehmen kann. Sobald sich die ganze Logistik nämlich auf zwei Personen verteilt, ist für jeden davon auch ein bißchen Muße drin. Aber auch ganz allein mit dem Nachwuchs habt Ihr viele schöne Momente. Für die Lütten ist es ohnehin ein großer Spaß – und das zu sehen, macht Elternherzen  immer glücklich!

Habt Ihr noch gute Tipps, wie ein Tag am Strand mit Kleinkind noch problemloser verlaufen kann? Gibt es Hilfsmittel, die Euch ans Herz gewachsen sind? Und wie zieht Ihr Eure Kleinen am Wasser an? Ich freu mich über Eure Hinweise!

*Amazon-Partnerlink

About Sandra

Ich schreibe hier über drei Dinge, die mich jeden Tag aufs Neue beschäftigen: meine Heimatstadt Bremen, meine berufliche Selbständigkeit und mein Alltag als Mutter eines Kleinkindes. Was mir am Herzen liegt: Euch anzustiften! Zu Unternehmungen an der Weser, zu Mut im Berufsleben und zu einem humorvoll-offenen Herzen für Eure Kinder. Allen Herausforderungen zum Trotz. Dass es nicht immer einfach ist, Familie und Job zu vereinbaren, darum geht es hier nämlich auch ab und zu.

8 thoughts on “Quatsch im Matsch. Oder auch: Die Wahrheit über einen Kleinkind-Tag am Strand

  1. Hallo!
    Was bei uns am Strand nicht fehlen darf, ist die kühlbox voller Wasser. Zum Mund ausspülen, nachdem zuviel Salzwasser probiert wurde, zum Abspülen vor dem Aufkleben eines Pflasters, nachdem doch in die scharfe Muschel getreten wurde, zum über den Nacken kippen, wenn es zu warm wird und natürlich zum Trinken.
    Lieben Gruß von der Ostsee
    Conny

  2. Nackich mit etwas Sonnencreme! Und generell alle Erwartungen am besten zuhause lassen und sich drauf vorbereiten, dass das Kind eh lieber am Parkplatz vorm Strand spielt.

  3. Oh man dein Beitrag kommt gerade recht 😉 nächste Woche geht es für 7 Tage nach Holland ans Meer und ich bin ehrlich gesagt schon ziemlich nervös.. Jule ist jetzt 13 Monate alt und ich hab ein bisschen Schiss das es mehr Stress als Erholung wird.. ich drücke die Daumen das es sich zumindest die Waage hält.. hast du schon Mal längeren strandurlaub gemacht und hast Tipps für mich? Liebe Grüße Evelyn

  4. Ohje, ein bisschen Bange wird mir ja schon vor dem ersten Mal am Strand… ;D
    Ich glaube, dieses Jahr kommen wir da noch mehr oder weniger drum rum. Aber nächstes Jahr wird uns das dann auch bevor stehen… Ich speicher mir deine Tipps mal für später. 😉

  5. Hihi, da musste ich doch das eine oder andere Mal schmunzeln. Und finde es immer wieder erstaunlich, wie unterschiedlich die Erfahrungen und die Kinder so sind. Sonnenhut bleibt bei uns trotz Festbinden vielleicht zwei Minuten auf, und wenn die Sonne nicht total knallt, bleibt er eben ab. Was soll’s.
    Und ansonsten ist die Zuckerschnute auch ganz genügsam am Wasser. Möwen gucken, planschen… Das alles findet sie gut. Hier ist es eher ein Problem, wenn wir wieder weggehen…. Dann ist das Geschrei groß!
    Und über ein Bade-Einteiler-Dingens für sie hab ich auch schon nachgedacht. Ist doch irgendwie praktischer, zumal der Badesee ja echt nicht weit ist und wir einfach supergern am Wasser sind.

    Hilfsmittel für uns: Strandmuschel (weil Schatten, also auch für uns…), Handtücher (für nasse Füße und so), das Lieblingsbuch der Zuckerschnute und sonst? Hm, eine Prise Gelassenheit und Geduld.

    Wie du schon schreibst, man muss einfach seine Erwartungen ein bisschen zurückschrauben und dann kann das ganz wunderbar sein <3

    Alles Liebe,
    Katja

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert