Dass ich diesen Artikel veröffentliche, während meine phantastische Offline-Freundin Svenja im Urlaub weilt, wird ihr vermutlich sehr recht sein. Als ich sie bat, bei meiner Reihe „Work is not an Kinderspiel“ dabei zu sein, hörte ich nämlich erst einmal ein erstauntes „Iiiiiiich? Aber… also.. ich hab ja nun wirklich nichts Spannendes zu erzählen.“ Für sie ist es also einigermaßen aufregend und neu, hier – in diesem Internet zwischen all den digitalen Damen der Blogosphäre – zu Wort zu kommen. Liebe Svenja, ich hoffe, mit der Urlaubserholung verkraftest Du den Schock, dass Du jetzt tatsächlich online bist, schnell :-*
Dass Svenja nichts Spannendes zu erzählen hat, ist übrigens alles andere als wahr. Seit ich sie vor gut acht Jahren kennenlernte (sie war Grafikerin für das Unternehmen, in dem ich als Pressesprecherin arbeitete) bewundere ich neben ihrem blitzgescheiten Humor und ihrer zuverlässigen Arbeitsweise besonders ihr Talent, Haus, Kind, Job und inzwischen auch Hund unter einen Hut zu bekommen. Sie kocht frisch, das Haus ist immer tippitoppi, sie hat jederzeit ein Ohr für ihre Freunde, immer die passende Geschenkidee und schafft es dann noch, ihre Freizeit mit allerlei Familienaktivitäten zu füllen, ist aber auch gern mal mit ihrem Mädels abends unterwegs. Verflucht , wie macht sie das bloß? Liegt es daran, dass sie nicht wie wir ständig in den Sozialen Medien abhängt? Was ist Ihr Geheimrezept, das bereits seit der Geburt ihres Sohnes so wunderbar funktioniert? Fragen wir sie doch einfach mal. Und sagt „Hallo“ zu Svenja, selbständige Grafikerin, hervorragende Freundin und tolle Mutter eines achtjährigen Sohnes.
Svenja, wie lange hast Du Dir eine Babypause gegönnt?
Es war tatsächlich nur ein Päuschen, denn nach etwa drei bis vier Wochen startete ich im Büro mit den ersten kleinen Projekten, die sich schnell umsetzen ließen. Noahs zahlreiche kleine Schläfchen über den Tag verteilt waren dafür anfangs noch ausreichend. Aus Sorge, meine Kunden nach einem Jahr nicht wieder zu mir locken zu können, hatte ich (leider) nicht den Mut, mir ein ganzes Jahr Elternzeit zu gönnen.
Wie hast Du Dir den Alltag im Homeoffice anfangs vorgestellt und was davon hat so gar nicht geklappt?
Ich war überzeugt davon, dass Babys am Anfang unglaublich viel schlafen, hatte aber nicht erwartet, dass sie dies gerne in kleinen Häppchen über den Tag verteilt tun. Der Plan, ein bis zwei Stunden am Stück im Büro zu arbeiten, war somit schnell zum Scheitern verurteilt. Sobald Noah mal wieder kurz ins Land der Träume verschwand, verschwand ich ins Land der Arbeit und versuchte, in kurzer Zeit möglichst viel zu schaffen. Je nach Projekt und Laune des Kindes hat das mal mehr, mal weniger gut geklappt.
Wie hast Du darauf reagiert? Was hast Du verändert?
Überstunden am Abend und Concealer gegen Augenringe. Es blieb vorerst beim an die Schläfchen angepassten Arbeitsalltag und alles, was tagsüber nicht geschafft wurde, habe ich in die Abendstunden verlegt. Nach sechs Wochen hatten wir zusätzlich einen festen Tag, an dem Noah für ein paar Stunden bei seinen Großeltern war und ich tatsächlich etwas mehr Zeit im Büro hatte.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag heute bei Dir aus?
Inzwischen ist Noah acht Jahre alt und der Alltag ist längst zur Routine geworden. Nachdem ich Noah zur Schule verabschiedet und artig aus allen möglichen Fenster gewunken habe, kümmere ich mich kurz um ein paar Haushaltsarbeiten und sitze dann früh im Büro. Bis mittags habe ich Zeit zum Arbeiten und flitze anschließend Richtung Küche, wenn das ausgehungerte Kind nach Hause kommt.
Schaffst Du es, Deinem persönlichen Anspruch an Arbeitsergebnisse immer gerecht zu werden?
Teilweise, aber mit immer steigender Tendenz. In den letzten Jahren haben Arbeit und persönlicher Anspruch gelernt, sich einander anzunähern und Kompromisse einzugehen. Durch die meist knappe Zeit arbeite ich inzwischen deutlich schneller und zielorientierter. Aber genau diese fehlende Zeit macht es manchmal auch unmöglich, noch drei weitere Entwürfe vorzubereiten oder über Ideen noch Tage zu sinnieren. Da muss der persönliche Anspruch dann doch auf ein gesundes und in allen bisherigen Fällen auch ausreichendes Maß zurückgenommen werden.
Ein krankes Kind wirft den straffen Zeitplan als Selbständige meist vollkommen aus der Bahn. Wie gehst Du bzw. Deine Familie mit solchen Situationen um – Arbeitspensum reduzieren oder Nachtschichten einschiebe?
Ein bisschen von beidem. Wenn es ganz dramatisch mit der Arbeit kollidiert, kann ich jederzeit auf die Hilfe meines Mannes oder meiner Eltern zählen. Wenn doch alle Stricke reißen, dann habe ich meinen Kunden auch schon die Situation erklärt und in allen Fällen viel Verständnis bekommen. Die meisten sind selbst Eltern und kennen die Problematik nur zu gut. Und mit acht Jahren ist Noah inzwischen auch nicht mehr nörgelig und in ständiger Erwartung, dass jemand neben ihm hockt, wenn er mal krank ist. Entweder schläft und kuschelt er oder er spielt bzw. liest vor sich hin und fordert relativ wenig Aufmerksamkeit ein. Da ist es dann durchaus möglich, kurz eine Mail zu beantworten, ein paar Daten zu verschicken oder eine dringende Änderung an einem Entwurf vorzunehmen.
Gibt es Menschen, die Dir das Vereinbaren von Kind und Job erleichtern oder vielleicht sogar erst ermöglichen?
Definitiv! Mein Mann. Er kann sich zum Glück bis zu einem gewissen Grad seine Arbeitszeiten recht flexibel einteilen und bei Bedarf auch mal einen Bürotag Zuhause einlegen oder erst später loslegen. Wenn er nicht vor Ort ist, können für Kundentermine auch meine Eltern einspringen, aber das kommt inzwischen eher selten vor, da durch den geregelten Schulalltag mein Job inzwischen leichter umzusetzen ist. Das war vor Schule und Kindergarten deutlich schwieriger und anstrengender, aber auch nicht unmöglich.
Welche Vorteile bietet Dir Deine Selbständigkeit mit Blick auf das Familienleben?
Ich bin für meinen Sohn immer da und mag dieses etwas klischeehaft-spießige Bild der Mutter, die das Kind an der Tür begrüßt, dann Essen kocht und für Hausaufgaben, Obstteller, Verabredungen und zum Spielen greifbar ist. Da dies nicht so einfach für jeden umsetzbar ist, weiß ich meine Situation inzwischen sehr zu schätzen.
Durch das Büro im Haus geht mir keine Zeit für Arbeitswege verloren und ich kann mich parallel um Wäsche, Spülmaschine oder sonstige Dinge im Haushalt kümmern, die ich ansonsten erst nach der Arbeit erledigen müsste. Auch wenn die Auftragslage meinen kurzen Arbeitstag sehr gut ausfüllt, habe ich in Hinsicht auf Schulferien, wichtige Termine oder private Pläne doch eine gewisse Flexibilität, die ich in einem festen Arbeitsverhältnis sicherlich so nicht umsetzen könnte.
Dein ultimativer Tipp, wie der Wiedereinstieg in den Job gut klappt?
Man sollte akzeptieren, dass die Zeit mit Kind ganz anderen Regeln folgt. Alles dauert irgendwie länger und von vier Dingen, die man sich vorgenommen hat, beginnt man drei und schafft letztendlich vielleicht eins. Setzt man sich dann zu sehr unter Druck, rennt man letztendlich dem eigenen (alten) Anspruch jeden Tag hinterher, was auf Dauer weder ein zufriedenes Gefühl noch eine gewisse Entspannung erzeugt. Eine gewisse Akzeptanz, für alles etwas länger zu brauchen, alles etwas mehr zu planen oder manches auch einfach mal liegen zu lassen, kann besonders am Anfang sehr helfen.
Danke Svenja – auch fürs mutige Mitmachen!
Die bisherigen Interviews verpasst? Kein Problem, hier geht´s zur Übersicht der Reihe #worksinotakinderspiel.