Über Gründer-Träume kann man nicht laut genug reden. Oder auch: „Juli liebt Kaffee“ hat eröffnet

Der letzte Freitag im September. Es ist kurz vor halb Vier, Dieter hat eigentlich schon Feierabend. Doch da gibt es noch ein Problem:  die fehlende Kreissäge, die am Wochenende noch mal ordendlich Schwung auf die Baustelle bringen soll. Eine praktische Einführung in die Bedienung des Arbeitsgerätes kann Handwerker Dieter der jungen zierlichen Frau, die neben ihm steht und aufmerksam zuhört, daher nicht geben. Aber nochmal ausführlich erzählen, worauf sie achten muss, wenn die die Kreissäge am Holz ansetzt, das kann Dieter. Und tut es auch. Julia nickt, lächelt, spitzt die Ohren. In spätestens zwei Wochen will sie eröffnen – und eine fehlende Kreissäge scheint das Letzte zu sein, was ihr da einen Strich durch die Rechnung machen könnte.

Und tatsächlich: Julia hat es geschafft! Heute, zehn Tage nach unserem Treffen auf der Baustelle, hat sie ihr erstes eigenes Café geöffnet. Nur wenige Schritte von der Haltestelle St. Jürgen-Straße entfernt, am Schwarzen Meer 13, könnt Ihr ab sofort im „Juli liebt Kaffee“ Cappuccino trinken, frühstücken, Suppe schlürfen und Kuchen verputzen.

Für alles, was aus der großen Espressomaschine fließt, trägt die Gründerin selbst Sorge – der Name für ihr Café kommt schließlich nicht von ungefähr. In fremden Städten ist sie stets Café-Tourist: Andere planen ihren Citytrip entlang von  Sehenswürdigkeiten, Julia entlang von Café-Geheimtipps. Sie ist Barista aus Leidenschaft, hat in den letzten Jahren unter anderem im de koffiemann in Lilienthal und im Yellow Bird gearbeitet. Parallel zu ihrem Handelsmanagement-Studium, in dessen Endzügen sie gerade steckt.

Juli liebt Kaffee: Skeptisch waren nur die anderen

Die Wahl-Bremerin ist 28. Drei Jahre lang hat sie an ihrem gastronomischen Traum gefeilt. Vor allem am Businessplan, der lückenlos und wasserdicht sein musste, um auch nur annähernd eine Chance bei der Bank zu haben. Konzepte für Gastronomien haben es bei Kredit-Entscheidern nämlich noch viel schwerer als im Bekanntenkreis. Auch dort gab es anfangs einige Zweifler. Eine junge Frau mit dem Wunsch von einem eigenen Café? Nicht weniger klischeebehaftet als junge Mädchen, die ein eigenes Pferd wollen. Doch Julia lässt sich nicht beirren. Außerdem trifft sie zur rechten Zeit den richtigen Ratgeber: Güngör Cerrah. Er weiß genau, welche gastronomischen Konzepte wo und wie funktionieren. Und er gehörte zu den Menschen, die Julias Traum nicht als naives Gedankespiel abtun.

Sie habe schon früh selbständig werden wollen, erzählt mir Julia. „Ich hab mich immer beengt gefühlt. Ich wollte schon immer Raum für meine eigenen Ideen haben, fühlte mich aber oft ausgebremst.“ Ungewöhnlich für jemanden, der noch nicht festangestellt gearbeitet hat, grüble ich. Erfahre dann aber, dass Julia schon in einem klassischen Unternehmen gerarbeitet hat: Nach ihrem Realschulabschluss absovierte die zunächst eine Ausbildung zur Industriekauffrau in einer Bremer Baufirma, bevor sie ihr Abi nachholte und dann an die Uni ging. Und nun ist das eigene Café  schneller fertig als die Bachelorarbeit. Muss es auch – denn sie hat das Café zum Thema der Aschlussarbeit gemacht.

Ursprünglich  wollte Julia, die selbst Neustädterin ist, ihren Traum in Schwachhausen verwirklichen, als sie die  jetzigen Räume sah, war sie aber sofort verliebt. Wie sie sie gefunden hat, frage ich sie. „Das war wie bei allem anderen: Mundpropganada. Das Beste, was man machen kann, wenn man solch ein Projekt durchziehen will: Möglichst vielen davon erzählen. Je mehr davon wissen, desto schneller geht es voran.“

Juli liebt Kaffee: Ein Frauenteam voller Tatendrang

Drei Angestellte gehören neben Julia zum Team: Um das Frühstück und den Mittagstisch kümmert sich Namensvetterin Julia, die bis vor Kurzem das „Suppengrün“ in der Hamburger Straße betrieben hat. Servicekraft hinterm Tresen wird Carmen sein, die einfach irgendwann auf Julias Baustelle stand, ihre Bewerbungs-Mappe auf den Tisch legte und sagte: „Ich würde gern hier bei Dir arbeiten.“ Der Look des Cafés und das Raumkonzept kommt von Tritzi, die Julias Visionen mit viel Detailliebe realisiert hat. Und auch in den selbstgebackenen Kuchen steckt echte Frauenpower: Sie werden von eine Freundin von Julia gemacht, die  dafür ihre feste Stelle im Büro um zwei Tage gekürzt hat.

Ich freue mich außerordentlich, dass Julia sich für Peterswerder statt für Schwachhausen als Standort entschieden hat, liegt er doch auf meinem täglichen Arbeitsweg. Die Chance, mich dort zwischen Büro und Kita beim Kaffeesieren zu erwischen, sind ab heute also groß!

geöffnet: dienstag bis sonntag von 9.30 bis 18 Uhr

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About Sandra

Ich schreibe hier über drei Dinge, die mich jeden Tag aufs Neue beschäftigen: meine Heimatstadt Bremen, meine berufliche Selbständigkeit und mein Alltag als Mutter eines Kleinkindes. Was mir am Herzen liegt: Euch anzustiften! Zu Unternehmungen an der Weser, zu Mut im Berufsleben und zu einem humorvoll-offenen Herzen für Eure Kinder. Allen Herausforderungen zum Trotz. Dass es nicht immer einfach ist, Familie und Job zu vereinbaren, darum geht es hier nämlich auch ab und zu.

One thought on “Über Gründer-Träume kann man nicht laut genug reden. Oder auch: „Juli liebt Kaffee“ hat eröffnet

  1. Besonders freut mich, dass das Café auch sonntags aufhat. Als wir nach Bremen zogen, war die Auswahl an guten Cafés sonntags echt mau.

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