Fünf Ideen für mehr Familienfreundlichkeit in Unternehmen. Oder auch: Mein Beitrag zur Blogparade #Arbeitgeberwunsch

„Ich wünsche mir, dass mein Arbeitgeber familienfreundlicher ist.“ Ein Elternsatz, der so verständlich ist – und dabei doch noch immer so vage. Was genau brauchen Eltern denn, wenn sie Angestellte sind, um Job und Familie besser unter einen Hut zu bekommen? Dazu gibt es noch zu wenig öffentlich sichtbare Antworten. Ich werfe mal fünf Vorschläge in den Raum.

Den Anstoss dazu hat mir die Blogparade #arbeitgeberwunsch von Alu und Konsti gegeben. Sie rufen Blogger dazu auf, ihren“ politischer Familien-Wunsch an die Gesellschaft“ auf den digitalen Weihnachtswunschzettel zu schreiben. Als ich das las, drängte sich bei mir sofort folgende Frage auf: „Was würdest Du in Hinblick auf Familienfreundlichkeit in Unternehmen verpflichtend einführen, wenn Du etwas in diesem Land zu sagen hättest? Oder was in einer Unternehmenskultur verankern, wenn Du als Chefin die Möglichkeit dazu hättest?“  Seien wir mal ehrlich: Konkrete Antworten darauf zu geben ist deutlich schwerer als über die Familienunfreundlichkeit in diesem Land zu jammern oder über Home Office als vermeintliche Unterstützung von angestellten Eltern den Kopf zu schütteln. Auch für mich.

5 Ideen für eine familienfreundliche Arbeitswelt

Ich habe dennoch mal überlegt, was ganz konkrete Hilfestellungen sein könnten, die Entlastung schaffen oder Wertschätzung signalisieren können.  Empathie zu erfahren kann manchmal nämlich schon Entlastung bedeuten. Die Ideen, die mir in den Kopf kamen, fasse ich im Folgenden zusammen.

Bitte beachtet: Mir ist bewusst, dass es Branchen und Berufe gibt, in denen der ein oder andere Vorschlag extrem unrealistisch ist.  Aber wenn wir jeden Vorschlag mit dem Hinweis „Das klappt aber für XY nicht, weil….“ oder „Das ist den Nicht-Eltern gegenüber aber total unfair“ vom Tisch wischen, kommen wir nie zu Lösungen, sondern stoppen Innovation bevor sie beginnen kann.

//1// Fortbildungen inklusive Kinderbetreuung

Immer wieder höre ich von in Teilzeit arbeitenden Frauen, dass sie an Fortbildungen oder Teambuilding-Massnahmen nicht teilnehmen können. Weil sie einen ganzen Tag oder sogar mehrere Tage lang dauern. Wenn man dann nicht gerade Oma oder Patenonkel um die Ecke hat, der bzw. die sich an den betreffenden Nachmittagen um das Kind / die Kinder kümmert, kann man als Elternteil nicht teilnehmen.

Eine Lösung wäre es, bei der Wahl des Orts für Fortbildungen / Teamreisen und die inhaltliche Ausgestaltung Kinder mitzudenken. Warum bucht man nur Referenten und nicht auch zwei Erlebnispädagogen oder andere mit Kindern erfahrene Menschen, die sich während der Workshops oder des Seminars um die kleinen Begleiter kümmern? Klar kann es passieren, dass dann mal ein Kind in den Tagungsraum stürmt, weil es es stolz etwas Gebasteltes zeigen will – aber so what?

//2// Weg mit den Begriffen „Teilzeit“ und „Vollzeit“

Ich weiß nicht, ob es Euch genauso geht, aber für mich schwingt in den Worten „Teilzeit“ und „Vollzeit“ immer etwas von „nur halb so wichtig“ und „vollwertig“ mit. Außerdem impliziert die Formulierung „in Teilzeit arbeitend“, dass nach Dienstende die Arbeit vorbei ist. Dabei fängt sie dann manchmal erst so richtig an. Eltern arbeiten nie in Teilzeit, die arbeiten nach Dienstschluss noch unbezahlt weiter. Meist, bis sie ins Bett gehen.

Ich würde mir Stellenausschreibungen, Vertragsüberschriften und Aushänge wünschen, die sprachlich anders vorgehen. Eine perfekte Alternative ist mir bislang noch nicht eingefallen (habt Ihr Vorschläge?), aber ich bin fest davon überzeugt, dass Umformulierungen auch zu einem Umdenken führen können. Es muss sprachliche Realitäten geben, die Gleichberechtigung zwischen Menschen, die 40 Stunden arbeiten, und Menschen, die nur 25, 20 oder 10 Stunden arbeiten, signalisieren.

//3// Putzteufel statt Weihnachtsgeld

Weihnachtsgeld ist für viele eine schöne Sache, denn Weihnachtsgeschenke und der Gänsebraten sind teuer. Was sich gestresste Eltern aber mehr wünschen als Geld ist Zeit. Was wäre es daher für eine großartige Geste, wenn eine Firma einer/ einem Arbeitnehmer/in einmal im Monat für vier Stunden eine Reinigungshilfe vorbeischicken würde?

Meist haben Unternehmen ohnehin Reinigungsfirmen am Start, die die Büroräume auf Vordermann bringen – vermutlich ließe sich mit denen ein Deal für die Grundreinigung von privaten Räumen ihrer Angestellten auch irgendwie verhandeln. Ich persönlich hätte jedenfalls mehr Spaß daran, das ganze Jahr über regelmäßig in einer top geputzten Bude Zeit für Familie zu haben statt mit  ein paar Euros Weihnachtsgeld mehr in der Tasche gehetzt durch den Advent und später in eine ungeputze Wohnung zu stürmen.

//4// Sonderurlaub für Eingewöhnung

Viele Eltern können sich den gemeinsamen Familienurlaub von der Backe schmieren, wenn das Kind in die Krippe oder Kita eingewöhnt wird. Im besten Fall hat man sich für diese zwei bis sechs Wochen, die das Kind für die Gewöhnung brauchen kann, Elternzeit aufgespart, im schlimmsten Fall geht der gesamte gesetzlich verankerte Jahresurlaub dafür drauf. Und im allerschlimmsten Fall bekommt man nicht mal den und kann die Eingewöhnung nicht so lang begleiten, wie es das Kind und auch die Eltern selbst bräuchten, um sich mit der neuen Situation wohl zu fühlen.

Mein Wunsch: Für die Zeit der Eingewöhnung muss ein angestelltes Elternteil vom Job freigestellt werden – mindestens für zwei Wochen,  mindestens mit einer Lohnfortzahlung von 70 Prozent netto.

//5// Second Hand für Kindersachen

//Ein Vorschlag, der nur ab einer gewissen Firmengröße wirklich funktionieren kann.// Was kostet mich das Aussortieren alter Kindersachen (sowohl Kleidung als auch Spielzeug) als auch die Anschaffung neuer Zeit und Nerven. Kleiderkreisel, Flohmärkte, Second Hand-Läden bieten nachhaltige Lösungen an, aber die postalische Abwicklung bzw. das analoge Organisieren eines Basars und das Besuchen passender Läden muss man sich auch mühsam innerhalb der Familienzeit erkämpfen.

Ich stelle es mir phantastisch vor, meinen Besuch bei der Arbeitsstätte mit dem Loswerden gut erhaltener Kinderbücher und dem Erwerb einer gerade dringend benötigten Matschhose verbinden zu können. Sicher gibt es in jedem Unternehmen eine Facility-Mitarbeiterin,  jemanden aus der Kantine oder oder oder, der/ die jede Woche einmal für drei Stunden am Vormittag einen kleinen Raum öffnen und betreuen kann, der als Kinder Second-Hand genutzt wird. Hier könnten wo Eltern  auf dem Weg zur Teeküche oder Toilette für 5 Minuten durchstöbern bzw. etwas abgeben. Würde nicht nur das Nerven- und Zeitkonto von Eltern schonen, sondern auch die Umwelt.

So, und jetzt freue ich mich auf Ergänzungen von Euch. Welche ganz konkreten Wünsche habt Ihr an Euren Arbeitgeber – ergänzend zu einer grundsätzlichen Wertschätzung, die Ihr für Euer Tun erfahren möchtet? Vielleicht habt Ihr sogar Erfahrungen mit besonders familienfreundlichen Arbeitgebern? Die dürft Ihr natürlich in den Kommentaren auch hinterlassen. Vielleicht nehmen sich andere Unternehmen dann ein Beispiel dran…

P.s. Wenn ihr mal wissen möchtet, welche ernüchternden Erfahrungen eine Dreifachmutter in Bewerbungsgesprächen gemacht hat, lest unbedingt auch den Blogparaden-Beitrag von Juli liest. Und wenn Euch das eigentlich nicht interessiert, lest ihn erst recht!

About Sandra

Ich schreibe hier über drei Dinge, die mich jeden Tag aufs Neue beschäftigen: meine Heimatstadt Bremen, meine berufliche Selbständigkeit und mein Alltag als Mutter eines Kleinkindes. Was mir am Herzen liegt: Euch anzustiften! Zu Unternehmungen an der Weser, zu Mut im Berufsleben und zu einem humorvoll-offenen Herzen für Eure Kinder. Allen Herausforderungen zum Trotz. Dass es nicht immer einfach ist, Familie und Job zu vereinbaren, darum geht es hier nämlich auch ab und zu.

3 thoughts on “Fünf Ideen für mehr Familienfreundlichkeit in Unternehmen. Oder auch: Mein Beitrag zur Blogparade #Arbeitgeberwunsch

  1. Hallo Sandra,

    ein schöner Artikel mit vielen guten Ideen. Zu Punkt 2: SAP schreibt ab sofort alle Führungspositionen in Teilzeit aus, mit Option auf Vollzeit. Die Umkehr des normalen führt sicher zu einer Aufwertung. Teilzeit normal, aber wenn du willst, geht auch Vollzeit.
    https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/diversity-und-gleichstellung-bunte-mischung/23660168.html

    Auf der Tagung der Digitalen Elternhelfer letzte Woche in Berlin wurden zudem oft die Begriffe Flex50, Flex75, Flex100 verwendet, um Arbeitszeitmodelle zu beschreiben. Trifft das deinen Wunsch nach begrifflicher Neutralität?

    Viele Grüße,
    Falk

    1. Moin Falk,

      danke für den Link und Dein Feedback.Spannend, was SAP da macht – das les ich gleich mal in Ruhe durch.

      Flex 50 etc. klingt für mich eher wie ein Gurtsystem im Auto und „flex“ibel ist man in Teilzeit ja auch nciht so wirklich (Kitabetreuungszeiten-Rahmen), aber grudsätzlich finde ich es schon mal gut, wenn sich jemand Gedanken um neue Begrrifflichkeiten macht. Ich glaube, die sind es noch nicht, aber wie gesagt: Mit irgendwas muss man ja anfangen.

      Viele Grüße nach Börlin!

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