WORK IS NOT A KINDERSPIEL #13. Oder auch: Interview mit Kati und Kristine von ooshi

Mitte September hat Kati Ernst zusammen mit ihrer Co-Gründerin Kristine Zeller kräftig die Korken knallen lassen: Zu diesem Zeitpunkt starteten die beiden im Rahmen einer Kickstarter-Kampagne mit großem Erfolg den Pre-Sale eines Produktes, das es so bislang in Deutschland nicht gab und das den Bereich „Female Health“ nun nachhaltig revolutionieren soll: die Periodenunterwäsche „ooshi“. Kati und Kristine sind nicht nur mit voller Leidenschaft Gründerinnen, sondern auch Mütter. Katis Kinder sind 5, 3 und 1. die von Kristine 7 und 4 Jahre alt. Ich habe mit den Berlinerinnen über ihren beruflichen Wechsel von erfolgreichen Großunternehmen in ein Start-Up, ihren Vereinbarkeits-Alltag und über Führungsverantwortung gesprochen.

Kati und Kristine über ihren Alltag als Unternehmerinnen & Mütter

Powerfrauen mit spannender Mission: Kristine (links) und Kati von ooshi

Liebe Kati, Du hast zehn Jahre lang erfolgreich in der Topmanagementberatung McKinsey gearbeitet. Warum der Neustart mit ooshi?

Kati: Die Idee für ooshi entstand während meiner dritten Elternzeit. Ich habe schnell nach der Geburt gemerkt, dass ich dieses Mal in einen Job zurückkehren möchte mit der Vision, wo es in den nächsten 5, 10, 25 Jahren hingehen soll. Daher habe ich mich intensiv mit dem Thema beschäftigt: wie soll mein Job langfristig aussehen? Wo sehe ich mich, welche Rolle habe ich, wie sieht mein Alltag aus? Bald war klar: ich möchte Unternehmerinnen, um selbstbestimmter meinen Alltag zu gestalten. Dieses Gefühl und die passende Idee: so enstand ooshi.

Und bei dir, Kristine?

Kristine: Ich war bis Anfang 2018 Einkaufsleitung für verschiedene Abteilungen bei Zalando. Das Jahr 2017 war geprägt von der Suche nach meinem „Purpose“. Die Zerrissenheit zwischen Job und Familie führte Anfang 2018 zu einem Burnout, und ich erkannte, dass ich etwas grundlegend ändern musste. Für mich war die Gründung der Schlüssel für ein selbstbestimmteres Leben, in welchem auch mehr Platz für mich selbst sein sollte.

Ihr habt in den vergangenen Monaten eine ganze Menge gerockt und ziemlich viel Zeit in ooshi stecken müssen. Wie habt ihr euer Familienleben in dieser Phase gestaltet, um genügend Kraft und Zeit für die Gründung zu haben?

Kati: Wir haben beide in den letzten Jahren schon bewusst unser Unterstützernetzwerk aufgebaut was die Betreuung der Kinder vor allem betrifft. Unsere Männer sind beides engagierte Väter, mit denen wir die Vision teilen die Aufgaben unserer Familien 50/50 aufzuteilen. Neben weiterer Unterstützung aus der Familie haben wir auch Babysitter und Nannys, die wir regelmäßig einsetzen.

Kristine: Zentral hierbei ist sicherlich gute Organisation (welche Mama kennt das nicht?), und eine klare Abrgrenzung zwischen Familienzeit und Arbeitszeit – die wir auch mit den Kindern besprechen. Ein Kraftquelle ist für mich persönlich ist die Zeit, die ich bewusst für mich nehme: Da mache ich Sport und Meditation. Das gibt mir Energie für den stressigen Alltag.

Ihr seid nun Chefinnen und müsst in dieser Funktion ein Team leiten, mit Dienstleisterinnen und Dienstleistern verhandeln. Ist es euch wichtig, familienfreundliche Auftraggeberinnen und Vorgesetzte zu sein? Wenn ja, an welchen konkreten Stellen möchtet ihr eine Unternehmenskultur kreieren, die auf die Herausforderung von arbeitenden Eltern Rücksicht nimmt?

Kristine: In meinem vorherigen Job habe ich bereits große Team geführt – daher ist Verantwortung keine neue Erfahrung. Bei ooshi haben wir noch kein Team, daher ist es vor allem die unternehmerische Verantwortung, die im Fokus steht, und wo wir auch täglich dazulernen. Dennoch haben wir eine klare Vision und Werte für uns definiert: für uns deutet „New Work“ vor allem Flexibilität – und zwar für alle. Jeder hat unterschiedliche Vorlieben und Bedürfnisse um optimal arbeiten zu können, und hier wollen wir soweit es irgendwie möglich ist verschiedenste Modelle unterstützen.

Kati: Zum Beispiel werde ich Anfang nächsten Jahren zwei Monate aus Australien arbeiten – da werden wir sicher viel lernen über dezentrale Kommunikation und Entscheidungsfindung.

Und so sehen sie aus – die ooshis. Es gibt sie in zwei Varainten.

Euer selbstgestecktes Ziel ist es, als Frauen genauso anspruchsvolle Jobs wie Männer und männliche Freunde auszuüben, dabei aber auch Eure Kinder beim Heranwachsen zu begleiten. Wie gelingt Euch das aktuell?

Kati: Für mich ist diese Vereinbarkeit eine Hauptmotivation zu Gründung. Ich habe vor längerer Zeit für mich und meine Familie definiert, wie das aussieht. Ich gestalte jetzt unsere Prozesse und meinen Alltag so, dass das passt – und wenn ich merke, es passt nicht, dann sprechen wir das an und ändern es. Das dieser Baustein nicht funktioniert, ist nicht verhandelbar.

Wie sieht denn ein durchschnittlicher Vereinbarkeits-Tag bei Euch in der Familie aus? Wer kümmert sich um was und wie sind Aufgaben verteilt?

Kristine: An einem durchschnittlichen Wochentag stehe ich auf bevor die Kinder wach sind, meditiere und schreibe Tagebuch. Dann machen wir gemeinsam die Kinder fertig. Dann bringe ich meine Tochter zur Schule und mache auf dem Rückweg Sport, so dass ich meist zwischen 8 und 8:30 Uhr anfange zu arbeiten. Mein Mann bringt derweil die Kleine zur Kita und fährt zu Arbeit. Ich arbeite bis 16:00 ungefähr, wobei es mir sehr wichtig ist eine Mittagspause zu machen in der etwas gesundes esse. Ca. um 16:30 kommt meine Tochter von der Schule, und die Kleine wird entweder von der Babysitterin oder meinem Mann von der Kita abgeholt. Dann mache ich mit meiner Großen Hausaufgaben und wir verbringen den Nachmittag zusammen. Wir essen zusammen und bringen die Kinder zusammen ins Bett. Anschließend arbeite ich entweder noch oder lese ein Buch.

Wenn ihr an eure Zeit als Angestellte zurückdenkt: Wie habt ihr euch gefühlt, wenn euer Kind morgens nicht in die Kita wollte, ihr aber die Zeit im Nacken hattet?

Kati: Zum Glück kam das echt selten vor, meine Kids gehen alle sehr gerne zur Kita. Ich hatte auch nie ein schlechtes Gewissen oder ähnliches, denn sie sind dort – und bei all ihren Betreuern – in sehr liebevollen Händen, mit denen wir uns sehr aktiv austauschen. Ich sehe das als Team – in dem wir als Eltern natürlich eine Sonderrolle einnehmen, vor allem was viel Kuscheln, jeden Abend gemeinsam Essen, gemeinsame Nächte und ereignisreiche Abenteuer am Wochenende – aber das 8-18 Uhr unter der Woche unterschiedliche Menschen zusammen machen.

Und jetzt? Wie fühlt es sich an, Kristine anzurufen und ihr zu sagen, dass Du etwas später zu einem Termin kommen wirst?

Kati: Überhaupt kein Thema. Wir sind – nicht nur was die Kinder betrifft – doch Menschen, und im Leben klappt nicht jeder Schritt immer wie geplant.
 
Was muss sich aus eurer Sicht in den Köpfen von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern bewegen, damit Eltern Arbeit und Familie besser unter einen Hut bekommen?

Kristine: Es müssen mehr Frauen in Führungspositionen kommen.

Kati: Dafür brauchen wir die Quote.

Und was sind eure noch zu lösenden Herausforderungen in Sachen Vereinbarkeit?

Kati: Ich bin sehr auf das Australien-Abenteuer gespannt und bin mir sicher, dass da einige Herausforderungen kommen, die wir heute noch nicht sehen.

Dein ultimativer Survival-Tipp an selbständig arbeitende Mütter?

Kristine: Die Headspace-App.

Kati: Ein Mal pro Woche Essen der gesamten Woche planen und direkt dafür online einkaufen.

Mehr über ooshi und die Gründungsidee von Kati und Kristine lest Ihr auf der ooshi-Website. Dort erfahrt Ihr natürlich auch, wie die Perioden-Unterwäsche funktioniert. Ihr habt Interviews aus der Work is not a Kinderspiel-Reihe verpasst? Dann schaut einmal in die Übersicht und lest kluge Vereinbarkeits-Gedanken von Frauen wie Ninia LaGrande oder  Rike Drust.

About Sandra

Ich schreibe hier über drei Dinge, die mich jeden Tag aufs Neue beschäftigen: meine Heimatstadt Bremen, meine berufliche Selbständigkeit und mein Alltag als Mutter eines Kleinkindes. Was mir am Herzen liegt: Euch anzustiften! Zu Unternehmungen an der Weser, zu Mut im Berufsleben und zu einem humorvoll-offenen Herzen für Eure Kinder. Allen Herausforderungen zum Trotz. Dass es nicht immer einfach ist, Familie und Job zu vereinbaren, darum geht es hier nämlich auch ab und zu.

2 thoughts on “WORK IS NOT A KINDERSPIEL #13. Oder auch: Interview mit Kati und Kristine von ooshi

  1. Ein sehr spannendes Produkt und zwei faszinierende Frauen. Aber, was ich mich frage: Wenn die Kinder gegen 16:30 aus Schule und Kita kommen, bzw. Kristine auch dann erst Zuhause ist, wieviel Nachmittag bleibt dann noch nach Hausaufgaben machen? Da ist es doch nicht anders, als bei einer vollzeitangestellten Mutter – vielleicht mit ein bißchen mehr Flexibilität, weil man keinen Chef außer sich selbst hat (wobei ich nicht weiß, ob man da nicht selber noch kritischer ist). Was die Vereinbarkeit angeht, sehe ich da keine wirklichen Unterschiede…

    LG Stephanie

    1. Hallo Stephanie,

      ich kann natürlich nur mitmaßen, aber oft ist es ja so, dass schon nachmittags in der Schule Hausaufgaben gemacht werden.

      Bei solch einem durchschnittlichen Tag scheint der Unterschied zum Angestelltsein nicht so groß, aber zum einen haben die beiden mit ooshi ja ein Unternehmen geschaffen, das es so nicht gab. Sie hätten also gar keinen angestellten Job in einem vergleichbaren Unternehmen haben können. Für die beiden ist es ja nicht nur ein Job, sondern eine Mission.

      Außerdem habe die beiden natürlich die Möglichkeit, in anderen Zeiten auch mal komplett frei zu nehmen, ihren Alltag wieder anders zu gestalten etc.

      In der Tat sehen meine Wochen meist auch nicht anders aus als die einer in Teilzeit Angestellten. Aber allein das Wissen, dass ich die Entscheidungsgewalt habe, wie, wo und für wen ich arbeite, sowie die Freiheit, eigene Projekte in meiner Arbeitszeit voranzutreiben, machen einen enormen Unterschied aus.

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