„Ich habe echt so viel auf dem Zettel und schon oft überlegt, ob ich eine Assistenz einstelle.“ Wenn ihr zu den Selbständigen gehört, die das schon mehrfach gesagt haben, dann seid ihr hier genau richtig. Vor etwas mehr als einem Jahr habe ich mich ja entschieden, Unterstützung für den Büroalltag an Board zu holen – und war sehr gespannt, was das konkret verändern würde und wie ich mich als Arbeitgeberin schlagen würde. Heute, ein Jahr später, ziehe ich mal eine erste Bilanz. Ein paar ganz konkrete Tipps für diejenigen unter Euch, die bereits eine Assistenz gefunden haben und die Zusammenarbeit in Kürze starten, gibt´s obendrauf.
Das erste Jahr mit Assistenz: Die formalen Rahmenbedingungen
Anstellungsverhältnis: Shanice arbeitet als geringfügig Beschäftigte („Mini-Jobberin“) bei mir und wird nach Stunden bezahlt. Sie darf maximal 450 Euro verdient, so sieht es ein Mini-Job vor. Um in diesem Modell zusammenzuarbeiten, musste ich Shanice über die Mini-Job-Zentrale anmelden. Dafür benötigt man eine Betriebsnummer. Ich hatte sie bereits, weil ich in meiner Schwangerschaft schon einmal eine Assistentin beschäftigt hatte. Hat man sie nicht, kann man sie bei der Arbeitsagentur beantragen. Von Shanice benötigte ich ihre Sozialversicherungsnummer und einige persönliche Daten. Mit diesen Angaben könnt Ihr dann die Anmeldung vornehmen.
Arbeitszeiten: Grundsätzlich arbeitet Shanice an zwei festgelegten Vormittagen bei mir im Büro, jeweils vier Stunden. Diese Regelung kann sich durch gemeinsame Dienstreisen oder andere außerplanmäßige Situationen aber auch mal verändern. Manchmal zieht sie auch an anderen Tagen zu ganz anderen Zeiten für einen Fotoauftrag los und bearbeitet die Bilder dann im HomeOffice. Oder eine von uns beiden ist im Urlaub und deshalb sehen wir uns in einer anderen Woche häufiger oder aber es fallen wenige Stunden an als sonst.
Aufgaben: In meinem Artikel über die Suche nach einer passenden Assistenz habe ich ja bereits erklärt, wie wichtig es ist, sich Gedanken darüber zu machen, für welche Aufgaben ganz konkret man Unterstützung sucht. Ich wollte vor allem Entlastung beim Thema Fotoerstellung und -bearbeitung sowie bei Rechercheaufgaben. Diese Bereiche übernimmt Shanice jetzt auch tatsächlich. Außerdem schreibt sie kleiner Texte und übernimmt auch Grafik-ToDos bei Photoshop.
Arbeitsaussttattung: Ich habe in meinem Büro einen Assistenz-Schreibtisch, der allerdings keinen eigenen Computer hat. Den anzuschaffen war zum Glück nicht notwendig, da Shanice an ihrem eigenen Laptop arbeiten kann. Da sie ja ohnehin als freiberufliche Fotografin tätig ist, hat sie darauf alle notwendigen Programme. Für die Emails, die sie innerhalb der Tätigkeit bei mir schreibt, hat sie natürlich eine passende Emailadresse bekommen, die zu meiner Firmendomain passt. Dementsprechend ist auch eine offizielle Signatur enthalten, in der auch ihre Funktion als „Redaktionsassistentin“ genannt ist. Einen eigenen Büroschlüssel hat sie auch, damit sie jederzeit auch im Büro arbeiten kann, wenn ich (noch) nicht da bin.
Mein Rat: Wenn sich Eure Assistenz als fest zum Unternehmen gehörend fühlen soll, dann ist eine entsprechende Emailadresse unverzichtbar. Für mich ebenfalls unverzichtbar war es, meinen Kunden von Shanice und ihren Aufgaben zu erzählen. Ich enpfinde es selbst immer als höchst unprofessionell, wenn ich plötzlich Mails von jemandem bekomme, der in einem Projekt beschäftigt ist, aber keine Mailadresse hat, die das ausdrückt, keine Signatur, die erklärt, welche Funktion derjenige inne hat, und dessen/ deren Namen ich vorher noch nie gehört habe.
Abrechnung: Die monatliche Beitragsmeldung und die Erstellung der Lohnabrechnung wickelt meine Buchhalterin für mich an. Dafür muss ich jeden Monat rund um den 20sten eine kurze Mail schreiben, wie viele Stunden Shanice in dem jeweiligen Monat für mich gearbeitet hat. Kurze Zeit später erhalte ich dann die Abrechnungsunterlagen, aus denen hervor geht, welchen Betrag ich Shanice überweisen muss. Sobald ich das weiß, mach ich die Überweisung fertig. Via Bankeinzug holt sich die Knappschaft dann noch den Beitrag zur Sozialversicherung von meinem Konto. Dass müsst Ihr wissen, wenn Ihr Kassensturz macht, ob Ihr Euch eine Assistenz leisten könnt: Es kommen proportional zum Gehalt immer noch ein paar Euros drauf, die ihr an die Bundesknappschaft abführen müsst.
Mein Rat: Wenn Ihr Eure Buchhaltung extern betreuen lasst, gebt den ganzen Papierkram, der rund um den Mini-Job entsteht, auch ab. Ihr hat auch dann noch genug Kleinkram, an den ihr neben Euren Kernaufgaben denken müsst.
Das erste Jahr mit Assistenz: Der Alltag
Work Flow: Da Shanice nicht jeden Tag bei mir ist, passiert zwischen unseren gemeinsamen Arbeitstagen natürlich immer eine Menge. Manchmal sind Informationen, die ich ihr gegeben habe, nicht mehr aktuell, manchmal haben sich Deadlines verändert, manchmal sind kreative Ideen in meinem Kopf entstanden, von denen sie noch nichts gehört hat. Ebenso ist es andersherum: Wenn sie ein paar Tage nicht im Büro ist, trudeln währenddessen Antwortmails bei ihr ein, von denen ich nichts weiß oder Ähnliches.
Das bedeutet zwangsläufig, dass der Work Flow störungsanfällig ist und man sich detailreich austauschen muss, um diese potentiellen Störungen zu umgehen. Wir machen das in der Regel zu Beginn des gemeinsamen Arbeitstages und währenddessen, an manchen anderen Tagen muss ich aber auch nochmal eine WhatsApp an Shanice schicken, um etwas zu fragen. Wir haben ein gemeinsames Trello-Board, aber so richtig gut abbilden lassen sich Projektverläufe darin nicht. Ich kann Euch daher aktuell noch kein digitale Tool für einen optimalen Work Flow empfehlen, sondern haben vielmehr die Frage: Könnt Ihr uns eines empfehlen?
Zeitaufwand: Viele Fragen mich, ob durch den Austausch, die Buchhaltung und das Briefing, das vor neuen Aufgaben, die ich übergebe nötig ist, nicht viel mehr Zeit verliere statt dazugewinne. Das ist nicht so. Aber es muss einem schon klar sein, dass man nicht die gesamte Stundenzahl der Assistenz als Arbeitszeit on top bekommt. Ich würde sagen, dass durchschnittlich ein Viertel von Shanice Arbeitszeit von meiner und ihrer produktiven Arbeitszeit abgehen. Konkreter formuliert: Wenn wir vier Stunden gemeinsam im Büro sitzen, können wir davon beide nur drei richtig konzentriert an Aufgaben arbeiten. Die andere geht für organisatorisches und für Absprachen drauf. Außerdem will man ja auch so mal ein bissl quatschen 😉
Mein Rat: Seid Euch wirklich von Anfang an darüber bewusst, dass Ihr an Tagen, an denen Ihr mit Eurer Assistenz arbeitet, nicht so fokussiert an Euren Projekten arbeiten könnt wie sonst – und das das nicht schlimm ist. Ich muss gestehen, dass ich das noch immer nicht ganz verinnerlicht habe, sondern mich immer daran erinnern muss, wie wichtig der Austausch und ein gescheites Briefing ist.
Führungsstil: Tja, da hab ich echt noch Verbesserungspotenzial. Aber das war mir von Anfang an bewusst. Als ich mir überlegt habe, jemanden einzustellen, habe ich mir keine Sorgen darüber gemacht, ob das eine zu große finanzielle Belastung sein könnte, sondern immer nur darüber, ob es mir gelingt, „Chefin“ zu sein. Denn sagen wir mal so: Geduld ist nicht meine Stärke, ich habe hohe Ansprüche und bin eher ein Eigenbrödler als ein Teamplayer. Nicht unbedingt die perfekte Mischung. Ich finde es außerdem total schwierig, zu delegieren und auch mal kritisieren, ohne in ein hierarchisches Denken zu geraten. Ich habe noch keine klare Haltung zu diesem Hierarchie-Ding gewonnen. Irgendwie mag ich das nicht, auf der anderen Seite erscheint es mir nötig.
Ich nehme diese Challenge aktuell einfach als Möglichkeit der Persönlichkeitsentwicklung an und versuche, nach und nach einen Führungsstil zu entwickeln, mit dem ich mich wohlfühle und der funktioniert. Eine gute Arbeitgeberin zu sein ist eine große Kunst. (Daher gibt es auch so verdammt viele schlechte Vorgesetzte.) Mal schauen, ob ich diese Kunst noch lerne.
Mein Rat: Ich höre gern den Female Leader Podcast von Vera Strauch. Darin gibt es gute Impulse, wie man als Frau andere authentisch führt.
Feedback: Im Dezember habe ich mit Shanice ein Feedback-Gespräch geführt und das als unglaublich bereichernd empfunden. Es war zum einen ein guter Rahmen, ihre bisherigen Aufgaben gemeinsam zu beleuchten und festzuhalten, wovon sie künftig mehr machen wird und wovon weniger. Dabei ist mir nochmal sehr deutlich geworden, dass eine Assistenz, die noch nicht so viel Erfahrung im Projektmanagement, wirklich niemals das Mädchen für alles sein sollte.
Damit meine ich nicht Kaffee kochen und Hemden in die Reinigung bringen, ich meine das projektbezogen. Bezieht man eine Assistenz wirklich in ALLE laufenden Projekte ein, erwartet man schon recht viel. Denn was für uns alte Hasen, die jedes ihrer Projekte mit allen Ansprechpartnern und Historien von der Picke auf kennen, ja an machen Tagen auch mal unübersichtlich sein kann, ist für jemanden, der nicht jeden Tag da ist und vermutlich weniger praktische Erfahrung als man selbst hat, einfach too much. Besser ist es, sich immer wieder auf die Kernaufgaben, die man ja ursprünglich abgeben wollte, zu besinnen und die Assistenz möglichst nur in diesen Aufgaben arbeiten zu lassen.
Mein Rat: Führt offizielle Feedback-Gespräche. Fühlt sich im ersten Moment vielleicht fehl am Platz an, weil man Feedback ja auch im Tagesgeschäft geben kann. Aber einen festen Termin für solch ein Gespräch auszumachen, sich dafür in einen Besprechungsraum zu setzen und Zeit zu nehmen, lohnt sich total. Wichtig ist natürlich, dass nicht nur ihr redet, sondern auch offen seid für das, was Eure Assistenz an Feedback hat!
So, und jetzt noch mein allerwichtigster Rat an Euch:
Wenn Ihr durch den Spagat zwischen Selbständigkeit und Familienleben permanent auf dem Zahlfleisch geht, obwohl ihr bereits viele Dinge optimiert habt, dann gibt es nur zwei Möglichkeiten – entweder ihr reduziert das Arbeitspensum oder Ihr holt Euch Unterstützung. Es gibt keinen anderen Weg! Wenn Euch lediglich die Angst vor der finanziellen Belastung abhält, jemanden einzustellen, dann lasst Euch sagen: Sie ist unbegründet. Schaut Euch einfach mal Euren Stundensatz und den potentiellen Stundensatz Eurer Assistenz an – da gibt es einen markanten Unterschied, oder? Teilt 450 Euro einfach mal durch diesen Wert und Euch wird schnell auffallen: Nachdem die Assistenz refinanziert ist, bleiben noch Arbeitstunden von ihr übrig. Im besten Falle erledigt sie in dieser Zeit einige Dinge, die ihr abrechnen könnt, im „schlechtesten Falle“ sorgt ihre Mithilfe dafür, dass leidige ToDos, die ihr sonst unbezahlt erledigen müsst, wegfallen und ihr etwas konzentrierter an Euren eigentlichen Aufgaben arbeiten könnt. Ihr seht: Ihr könnt nur gewinnen!
Über das Thema Assistenz haben Katarina und ich auch in unserem aktuellen Podcast gesprochen. Vielleicht mögt Ihr da ja auch nochmal reinhören:
So, und jetzt bin ich gespannt: Habt Ihr Erfahrungswerte zu diesem Thema, die ihr zusteuern möchtet? Tipps? Fragen? Immer her damit!
Liebe Sandra,
mit Spannung hab ich Deinen Artikel gelesen. Ich arbeite ja auch schon ewig mit Assistentinnen. Seit 4 Jahren auch dauerhaft. Zwei meiner Mitarbeiterinnen schreiben mir Rechnungen. Auch ne anderer Lösung. Lisa ist auch auf MiniJob Basis bei mir.
Mein wichtigster Aspekt ist : Wissen weitergeben. Meinen Ursprungsjob erlernt man nur über lange Assistenzen. Damals habe ich viel gelernt und mir sind viele Sachen wichtig geworden (z.B. bekommen meine Assistentinnen immer ein Mittagessen auf meine Kosten). Aber am Ende haben meine Assistentinnen immer super viel gelernt und dieses Wissen aufgesaugt. Das empfinde ich als super wertvoll. Und dabei entlastet es mich ungemein. Den Workflow würde ich als Einzelperson nicht gewuppt bekommen.
Übrigens arbeiten wir ganz viel mit Wunderlist. Da können wirr Aufgaben Personen zuweisen und täglich oder Wöchentlich wiederholen. Das funktioniert bei uns im Ablauf am Besten.
Liebe Grüße
Clara
Liebe Clara,
danke für Deine Perspektive. Ja, das stimmt: Gerade wir Frauen sollten darauf achten, dass die nachfolgende Generation ordentlich Kompentenz an die Hand bekommt und damit dnn durchstarten kann. Shanice profitiert beispielsweise von unserer Bürogemeinschaft – da haben sich sogar schon Aufträge für ihre Freiberuflichkeit als Fotografin ergeben und sie war und ist immer total dankbar, wenn ich mal über Angebote und Mails, die sie schreibt, schaue. Was ich natürlich gern tue.
Wunderlist schaue ich mir mal an. Schon oft davon gehört, aber noch nicht ausprobiert. Sollte ich wohl nachholen!
Schöne Grüße an Dich!
Hallo liebe Sandra,
etwas spät hab ich den Artikel jetzt auch gelesen, weil Ich hier so rugmescrollt bin auf der Suche nach Inspiration für ein mögliches neues Blogprojekt und könnte vielleicht einen Tipp geben, welches Projekt-Tool ihr probieren könnt: Asana!
Das nutzen wir hier in unserer Marketingabteilung mit 12 Leuten (ist glaube ich die maximale kostenlose Nutzerzahl). Dort kannst du Ober-To-Dos einstellen, mit einer Deadline versehen und dann jeweils noch einmal Unter-To-Dos, die man noch mal unterschiedlichen Personen mit unterschiedlichen Deadlines zuweisen kann. Außerdem kann man entpsrechende Dateien dazu reinladen, sowohl ins große Ober-To-Do als auch in die darunter liegenden. Die Kommentarfunktion nutzen wir hier, um Aktualisierungen durchzugeben oder ändern sonst die jeweiligen To-Dos, wozu derjenige dann immer eine entsprechende Mail bekommt. So geht uns in einem Team von ein paar Leuten mehr eigentlich wenig verloren und man kann auch mal unbesprochen kurz ein To Do mit ein paar Stichworten an jemanden geben bzw. ein kurzes Briefing dort einarbeiten.
Da ich mit Trello noch nicht wirklich gearbeitet habe, weiß ich nicht genau, ob die Funktionen dort nich auch alle so laufen, aber vielleicht ist es ein Try Out wert für Euch, Asana mal zu probieren 😉
Ganz liebe Grüße von der Murmel und mir aus Bielefeld,
Lena