Drei Eingewöhnungen in sechs Wochen. Oder auch: Ab aufs Land #5

Das Schlimmste an unserem Umzug von der Stadt aufs Land? Dass wir die Kinder aus der gewohnten Betreuung reißen und eine neue Lösung finden mussten. Wir hätten es so schön ruhig haben können im KiTa-Jahr 2019/20, denn beide Kinder hatten in Bremen in unserem Traum-Kindergarten einen festen Vollzeitplatz. Das gaben wir also auf. Was dann kommen sollte, darum geht es heute.

Ich arbeite verdammt gerne. Ich muss es auch, um finanziell klar zu kommen. Genauso liebe ich aber den Job und Alltag mit meinen Kolleg*innen. Arbeiten macht mich zufrieden und unabhängig. Entsprechend nervös hat mich das ganze Thema “Kinderbetreuung” bei unserem Umzug aufs Land gemacht. Schon nach den ersten Hausbesichtigungen wurde nämlich deutlich, dass aus Betreuungründen nicht jedes Haus unser Haus werden kann. Ging der Spätdienst in der einzigen KiTa im Ort nur bis 13.30 Uhr, hatte sich die Idee vom Häusle-Kauf direkt wieder erledigt. 

Entsprechend glücklich waren wir beim Blick auf die Gemeinde-Homepage in Lemwerder. Hier gibt es zwei echte Ganztagskindergärten und weitere Kindergärten mit einem Halbtagsangebot. Dazu arbeiten einige Tagesmütter im Ort. Trotzdem lief die Platzsuche auch in Lemwerder nicht ohne Nervenkitzel und ein am Ende psychisches Wrack namens Meike ab. Wie es war:

Kita-Suche auf dem Land: Ein guter Start

Man teilte uns mit, dass alle KiTa-Plätze ab Sommer 2019 vergeben sind. Ich wurde panisch und begab mich auf Tagesmuttersuche. Dank eines Tipps aus diesem Internet wurde ich schnell fündig. Die gute Frau war wirklich ein Glücksgriff. Denn obwohl sie eigentlich nur U-3-Kinder betreut, war sie schnell bereit im Zweifel auch den Großen aufzunehmen. Und dann hatte sie noch Sozialpädagogik studiert. Was will man mehr!

Trotz der guten Nachricht war ich kribbelig. Denn einen Fünfjährigen, der schon Vollzeit in einen Kindergarten integriert gewesen ist, wieder zu einer Tagesmutter zu schicken, kam mir falsch vor. Gott sei Dank sahen das Tagesmutter und Gemeinde genau so. Und so bekam der Große überraschend schnell die Zusage für einen Vollzeitplatz im Kindergarten. Ich habe geschrien vor Freude. 

An dieser Stelle sei erwähnt, dass das Ganze sehr unkompliziert ablief. Die Gemeindemitarbeiterin war extrem höflich, super zu erreichen und total aufgeschlossen. Ganz ehrlich… so was kenne ich aus Bremen nicht. Ich war überaus positiv überrascht!

Kita-Suche auf dem Land: Das Chaos bricht aus 

Jetzt wird es dennoch chaotisch. Denn eigentlich hätte ja alles gut sein können. Doch der Betreuung vom kleinen T. standen ein wenig Bürokratie, schlechte Information und eine panische Mutter im Weg. 

Denn die Tagesmütter in Lemwerder werden nicht von der Gemeinde finanziert, sondern vom Landkreis Wesermarsch. Und der Landkreis übernimmt die Kosten nur, wenn  es wirklich keinen Kindergartenplatz seitens der Gemeinde gibt. Und das braucht man schriftlich. 

Die Frage der Finanzierung war für uns nicht unwichtig. Denn wir hatten fest damit gerechnet, dass beide Kinder beitragsfrei betreut werden – wie es in Niedersachsen ja seit August 2018 geregelt ist. 

Nun rief allerdings die Gemeinde an und bot uns einen Kindergarten-Platz über 4,5 Stunden am Tag an. Das löste in mir zunächst eine weitere Panikwelle aus:

  • Wer würde die übrigen 3 ½ Stunden Betreuung pro Tag finanzieren. Springt dann der Landkreis noch für die Tagesmutter ein? Oder bleiben die Kosten bei uns?
  • Macht die Tagesmutter dieses Konstrukt überhaupt mit? Für sie bedeutete das schließlich auch finanzielle Einbußen!
  • Wie soll ich mein erst drei Jahre altes Chaoten-Kind bei einer Tagesmutter UND in einem Kindergarten eingewöhnen kurz nach einem Umzug?
  • Wie bringe ich meinem Arbeitgeber bei, dass ich nochmal für eine Eingewöhnung frei nehmen muss? Mit dem Großen, der ja auch ein Recht auf eine gute Eingewöhnung hat, standen nun also drei Eingewöhnungen im Raum.

Diese Fragewelle flutet durch meinen Kopf, während ich eigentlich eine Social-Media-Strategie für die Folge-Woche ausarbeiten wollte und parallel das Telefon Sturm klingelte. Das war zu viel.

Kita-Suche auf dem Land: Mutter-Fail

Ich machte mir zwei Tage Gedanken und tat dann etwas, was man eigentlich nicht tut. Ich habe eine wirklich emotional aufgewühlte E-Mail an die Gemeinde geschrieben. Darin habe ich mich beschwert, dass man nicht ans Kindeswohl denken würde und dass ich mich unter Druck gesetzt fühle. Und was denn jetzt eigentlich ist, wenn ich den KiTa-Platz nicht annehme? Wie soll ich denn dann privat die Tagesmutter finanzieren? Und wie ich das mit den Eingewöhnungen machen soll? Und so weiter und so fort. Ich war ein Wrack. Ich war überzogen und am schlimmsten: Ich dachte, ich hätte alle Infos. Hatte ich aber nicht. 

Ich erspare euch weitere Details: Aber ich habe in dieser Phase, in der ich als Mutter eigentlich nur alles richtig machen wollte, einiges durcheinander bekommen. Für jemanden der in der Kommunikationsbranche arbeitet, was das wirklich keine Meisterleistung.

Denn die Gemeinde hat sich tatsächlich alle Mühe gegeben, uns und vor allem Little T. gerecht zu werden. Man hatte sich extra um einen Platz in dem Kindergarten bemüht, in den auch das Kind der Tagesmutter geht. Und man hatte durchaus die pädagogische Frage in den Raum gestellt, dass auch ein Dreijähriger einen Kindergarten braucht und nicht nur eine Tagesmutter. Mann, fühlte sich das alles beknackt an.

Mit etwas Abstand weiß ich, was mir ehrlich geholfen hätte: Ein Leitfaden! So nach dem Motto: Du bekommst keinen KiTa-Platz in Lemwerder? So geht es weiter! Mit einem Ansprechpartner, der mich durch den Dschungel an Infos begleitet. Dass ich mir alles aus einzelnen Aussagen von Tagesmutter, Gemeinde, Landkreis und Kindergarten zusammenpuzzlen musste, war wirklich schwierig und hat das Chaos in mir nur verstärkt. Das sage ich ohne konkrete Schuldzuweisung. Ich bin mir sehr sicher, dass unser Fall nicht die Regel, sondern eher eine Ausnahme ist. Trotzdem habe ich mich in dieser Phase lange sehr alleine gefühlt.

Kita-Suche auf dem Land: Happy End?

Am Ende haben wir das Angebot der Gemeinde angenommen. Und der Landkreis hat uns zugesichert, dass unter den aktuellen Voraussetzungen die Finanzierung übernommen wird. GOTT. SEI. DANK.

Nach anfänglichen Bedenken und einigen Gesprächen mit der Bremer Tagesmutter von Little T. stehen wir dieser Doppelbetreuung nun positiv gegenüber. Denn auch unser Kleiner ist inzwischen groß und kann mehr Input durch einen Kindergarten gut gebrauchen.

Inzwischen haben wir zwei der drei Eingewöhnungen geschafft. Der Große LIEBT seinen neuen Kindergarten. Ich hätte nie gedacht, dass das so reibungslos gehen würde. Aber es geht verdammt gut. Und der Kleine? Er ist nach einer harten ersten Woche sehr gut bei der Tagesmutter angekommen. Der Schritt ihn an den neuen Kindergarten in Kombination mit der Tagesmutter zu gewöhnen, steht uns noch bevor. Ich bleibe gespannt und werde bei Gelegenheit davon erzählen, wie das Ankommen in den einzelnen Betreuungseinrichtungen so war. Denn ankommen mussten da nicht nur die Kinder, sondern auch ich. Davon später mehr.

Was zuvor geschah:

Warum Meike und ihre Familie überhaupt aus Bremen weggezogen sind, wie sie es den Kindern sagte und was sie sonst noch rund um die Stadtflucht beschäftigte, könnt ihr hier nachlesen: Von Bremen aufs Land – alle Artikel

About Meike Lorenzen

Meike liebt Bremen, zieht aber dennoch weg aus der Hansestadt. Mit einem lachenden und einem weinenden Auge geht es aufgrund der urbanen Wohnungsnot in die Wesermarsch. Als vierköpfige Familie. Wie es ist, Abschied zu nehmen, was der Umzug für die Kinder bedeutet und wie das Pendeln zur Arbeitsstelle in Bremen zum bisherigen Vereinbarkeits-Rhythmus passt – darüber schreibt Meike einmal im Monat in der Kolumne „Ab auf´s Land“.

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