Weil ich ein kleiner Teil der Lösung sein möchte. Oder auch: Frau Wortkonfetti sagt „tschüss“

Dies ist mein letzter Beitrag. Nein, nicht für dieses Jahr, sondern für immer. Ja, Frau Wortkonfetti verlässt ihr digitales Zuhauses, in dem sie es sich knapp ein Jahrzehnt gemütlich gemacht hat. Nicht nur ich, viele von Euch waren hier regelmäßig zu Gast. Ihr habt neben mir auf dem HTML-Sofa gesessen. Zugehört, mitdiskutiert, mitgefiebert, mitgelacht.

Was als Projekt für Neu-Bremer*innen und Bremen-Lieberhaber*innen gestartet ist, hat sich wie mein Leben weiterentwickelt.  Aus der festangestellten Single-Sandra ist eine selbständige Patchwork-Mutter mit eigenem Kind geworden. Aus  „Wo gibt´s leckeren Kaffee in Bremen?“ und „Warum ist Sylt gar nicht so doof wie alle denken?“ sind Fragen wie „Warum ist Vereinbarkeit keine Privatangelegenheit?“ oder „Wie kann man eine familienfreundliche Arbeitgeberin sein?“ geworden. Der Blog war nie privat, aber immer sehr persönlich. In den letzten vier Jahren mehr denn je.

Warum geht´s hier nicht weiter?

Nun also finito. Zu einer Zeit, in der die Interaktion mit euch als Community bei Instagram lebendiger ist denn je und ich überraschenderweise mehr Kooperationsanfragen für meinen nie als Broterwerb gedachten Blog bekomme als die Anzahl der derzeit veröffentlichten Blogbeiträge  vermuten ließe. „Warum?“ fragt ihr Euch vermutlich. Die wesentliche Antwort darauf ist diese:

Ich möchte meine Zeit nicht länger in das Schreiben über Probleme investieren, sondern in deren Lösung.

In den vergangenen Monaten saß ich immer wieder da und sinnierte, mit welchem Blogbeitrag ich hier einen wirklichen Mehrwert für Euch schaffen kann. Für die Bremen-Themen, die ich wirklich gern machen würde, fehlt mir nach wie vor die Zeit. Denn sie gehen immer mit Interviews, Vor Ort-Terminen, Fotoabsprachen etc. einher.

Was deutlich schneller von der Hand geht, sind Anekdoten oder Gedankenkarusselle rund um Vereinbarkeit und Elternschaft. Und ja, das sind auch die Themen, die Euch hier inzwischen am meisten interessieren. Weil ihr Euch verstanden fühlt, weil ihr Euch wieder erkennt, weil Ihr froh seid, dass jemand öffentlich anspricht, was Euch im Verborgenen auch beschäftigt.

Da saß ich also und fragte mich, ob ich etwas Neues  über Kita-Misere, Mental Load oder das schlechte Gewissen, das bei Dienstreisen hier und da auftaucht, schreiben möchte. Und die Antwort war irgendwann: NEIN! Ich möchte nicht auch noch hier über die Probleme von Frauen mit Kindern zu schreiben, über die  – zum Glück! – so viele andere ebenfalls sprechen und schreiben.

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Elternschaft. Berufstätigkeit. Vereinbarkeit. Ich bin gerade sooo sooo müde, darüber zu schreiben. Zu bloggen. In den Stories zu erzählen. Ich habe den Eindruck, dass doch schon alles gesagt ist. Über Mental Load. Über die fehlende Wertschätzung von Care Arbeit. Über Gender Pay Gap. Über Altersarmut von Frauen. Es gibt so viele tolle Accounts hier, die wie ich immer wieder dafür kämpfen, dass sich etwas ändert. Die das Dilemma der modernen Mutterschaft deutlich machen. Spontan fallen mir @alexandra___z, @dasnuf, @allbrightger, @heuteistmusiklaura, @initiativechefsache und @elternbusiness ein. Doch letztlich sind wir natürlich nur eine Filterblase, die Frauen erreicht, die ohnehin schon einige unserer Gedanken teilen. Was es braucht, ist die Übertragung ins echte Leben da draußen. Neben den vielen Worten auch Handlungsoptionen. Dazu mache ich mir aktuell so viele Gedanken, dass mir ganz schwindlig wird. Und ich hier manchmal gar nichts mehr zu sagen habe. Weil doch alles schon gesagt ist. Oder? #vereinbarkeit #elternschaft #mentalload #newwork #mutterschaft

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Instagram ist ein Ort, an dem ich das mit Euch hervorragend tun kann. Und auch der Podcast „WORK IS NOT A KINDERSPIEL“ von Katarina und mir bietet dafür weiterhin Raum.  Aber auch noch Zeit in einen Blog zu investieren, der um diese Probleme kreist, das möchte ich nicht.

Neue Pläne für 2020

Ich möchte die Zeit und Energie jetzt, nachdem ich knapp vier Jahren erlebt habe, wie hart Vereinbarkeit sein kann, lieber für das nutzen, was dieses Problem löst. Seit Beginn von 2019  wabert mir dieser Gedanke durch den Kopf.  Aus ihm ist Mitte des Jahres eine zunächst vage Projektidee geworden. Inzwischen ist sie recht konkret und ich habe begonnen, sie vom Kopf aufs Papier und vom Papier an mir wohlgesonnene Menschen zu bringen. Um rauszufinden, ob meine Idee ein Hirngespinst ist oder wirklich das, was ich in ihr sehe: ein Instrument, das die Arbeitsbedingungen hier in Deutschland für viele Menschen, nicht nur für Eltern, ein klein bißchen besser macht.

Vielleicht wird dieses Projekt, das sich an alle richtet, die Arbeitszeit neu denken wollen, nie zu Ende realisiert. Weil es zu groß ist. Weil das Leben dazwischen kommt. Weil das Geld nicht reicht. Weil ich keinen Namen finde. Oder ich einfach ein Schisserin bin. Doch selbst dann werde ich nicht bereuen, hier gleich zum letzten Mal auf „veröffentlichen“ gedrückt zu haben.

Dieser Blog bleibt für mich nämlich auch dann noch, was er war: ein wichtiger Teil meines privaten und sogar beruflichen Weges.

Danke, dass Ihr ein Teil davon wart!


Bei Instagram mache ich in gewohnter Weise und unter gleichem Namen weiter. Wenn Ihr zu ähnliche Themen wie die zuletzt bei mir behandelten weiterlesen wollt, leite ich Euch an dieser Stelle gern zu diesen hervorragenden Textkolleginnen weiter:  Das Nuf, Heute ist Musik, Edition F / Kolumne von Lisa Seelig,  Freie Radikale von Teresa Bücker. An Leseangeboten wird es Euch aberoh ehin kaum mageln. Dank Frauen wie Patricia und Teresa, die auf überzeugend vernünftige, aber nicht minder leidenschaftliche Weise die gesellschaftliche  und familienpolitische Relevanz von feministischer Elternschaft (so nenne ich es jedenfalls) darstellen, bekommt die Darstellung der Probleme ja auch zunehmend in den Medien einen Platz. Gut so!

About Sandra

Ich schreibe hier über drei Dinge, die mich jeden Tag aufs Neue beschäftigen: meine Heimatstadt Bremen, meine berufliche Selbständigkeit und mein Alltag als Mutter eines Kleinkindes. Was mir am Herzen liegt: Euch anzustiften! Zu Unternehmungen an der Weser, zu Mut im Berufsleben und zu einem humorvoll-offenen Herzen für Eure Kinder. Allen Herausforderungen zum Trotz. Dass es nicht immer einfach ist, Familie und Job zu vereinbaren, darum geht es hier nämlich auch ab und zu.

8 thoughts on “Weil ich ein kleiner Teil der Lösung sein möchte. Oder auch: Frau Wortkonfetti sagt „tschüss“

  1. Ich hoffe aber sehr, dass der Blog abrufbar bleibt, damit ich immer mal wieder stöbern und nochmal lesen kann… Vielen Dank für die unglaublich inspirierenden Beiträge und alles Gute für die Zukunft!
    Herzliche Grüße von Patricia, einer sonst eher stillen Leserin

  2. Liebe Sandra,
    vielen Dank für deine Worte und vor allem für das Konfetti. Nicht wenige Blogs schlafen still und heimlich ein, aber du hast den Mut gehabt, deinen offiziell zu verabschieden.
    Ich hoffe trotzdem auf weitere Podcast Folgen, mein Herz geht jedes Mal auf beim Zuhören. Und ich bin sehr gespannt auf dein „Projekt“ – die Idee kann gar nicht groß genug sein in dieser Welt voller Kleingeister.
    Herzliche Grüße aus Frankfurt
    Sonja

    1. Liebe Sonja, ein frohes neues Jahr für Dich und herzlichen Dank für Dein wertschätzendes Feedback. Ich hoffe sehr, dass Dich die neuen Aktivitäten auch „abholen“. Den Podcast gibt es auf jeden Fall weiterhin. 🙂

  3. Hi Sandra,
    ach, ich finde es auch sehr schade, dass Dein Blog ein Ende hat. Besonders das Bremische hat mir hier gefallen. Es ist aber nachvollziehbar. Über Instagram gibt es mehr direktes Feedback und eine größere Reichweite. Die klassischen Webseiten sterben leider ein bisschen aus. Etwas schade, denn ich habe wenig Lust mich bei Instagram anzumelden. Zum Lesen werde ich aber bestimmt weiterhin vorbei schauen. Ich hoffe auch Ihr führt den Podcast fort, höre ich super gerne!
    Liebe Grüße aus HB-Horn!

  4. Wie schade! Und wie verständlich. Und wie schön, dass du uns auf anderen Kanälen noch erhalten bleibst, liebe Sandra. Auf in ein neues, aufregendes 2020 und viel Erfolg bei der neuen Idee!

  5. Frohes neues Jahr, liebe Sandra. So klare Entscheidungen bewundere ich ja. Etwas zu beginnen finde ich gar nicht besonders schwer, aber etwas zu beenden (und dann auch anmutig), das ist ein seltenes Talent. Du hast mich diesbezüglich schon mal beeindruckt, wie ich mich erinnere. Damals mit einem Buchprojekt. Also, Hut ab. Und für alles, was kommt, viel Glück und Erfolg. Und sehr liebe Grüße, Stefanie

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