Tausch Dich chic: Kleiderkreisel goes Bremen

Mein Kleiderschrank kann aufatmen – ich habe ihn von Ballast befreit. Eine gute Gelegenheit dazu bot das Kleiderkreisel-Event, das heute erstmals in Bremen stattfand. Step by step könnt Ihr bei solchen Terminen dafür sorgen, dass alte Klamotten aus- und neue bei Euch einziehen. Sofern Ihr Nerven aus Stahl und Lust drauf habt. Aber mal schön der Reihe nach:

Step 1: Nen Blick riskieren!

Am Anfang steht natürlich der Blick in den Schrank an. Wo sind die Schrankleichen, die dringend geborgen werden müssen? Was fristet seit mehr als einem Jahr ein unbeachtetes Dasein und würde gern mal wieder das Tageslicht sehen? Raus damit, aufs Bett schmeißen und durchsehen. Das ist eigentlich der schwierigste Part …. obwohl, nein, der schwierigste Part ist ein andere, aber dazu später mehr. Aber es fällt nicht leicht, sich zu trennen. Mir jedenfalls nicht. Liegt vor allem daran, dass die meisten Teile nicht gerade H&M-Schnäppchen, sondern hochwertige Teile waren. Seide war dabei. Urlaubserinnerungen. Da steht man dann da und fragt sich: „Soll ich das wirklich tun?“

Ich hab´s in den meisten Fällen gewagt, denn bei ehrlichem Betrachten war die Wahrscheinlichkeit, dass ich die Teile nochmal anziehe, sehr sehr gering. Gegen Null. Also raus damit. Und abgeben. Denn das ist der zweite Schritt. (In Sachen „Kleiderschrank ausmisten“ empfehle ich auch einen Blick auf den Blog von Fräulein Ordnung!)

 

Step 2: Tauschticket kassieren

An zwei Tagen konnte jeder, der beim Kleiderkreisel mitmachen wollte, bis zu zehn Teile abgeben. Hab ich brav gemacht und dabei schon vorfreudig die Kleiderstangen angeschaut. Hui, da gab´s durchaus einiges, das ich am liebsten gleich mitgenommen hätte. aber da das ja nicht geht, musste ich mich mit dem Tauschticket begnügen, auf dem markiert war, dass ich zehn Teile abgegeben habe und deshalb auch zehn beim Kleiderkreisel mitnehmen darf. Theoretisch. Denn in der Praxis benötigt man dafür besondere Fähigkeiten… (vgl. Step 5)

Step 3: Stöbern, probieren, einsacken

Wenn es dann soweit ist, gilt: stöbern, probieren, einsacken. Dabei sollte nicht lang gefackelt werden. Für die meisten Anwesenden kein Problem – da wurden die Röcke fix über die Hosen gezogen und laustark mit der Begleitung über Sinn und Unsinn des jeweiligen Kleidungsstückes debattiert. Eine irrsinnige Geschwindigkeit und Lautstärke!

 

Step 4: Beute erfreut nach Hause tragen

Etwas gesucht und eine Menge gefunden? Na, dann schnell Tauschticket an der Kasse abgeben, Stoffbeutel als Geschenk mit nach Hause nehmen und darüber freuen, dass man im Sinne der Nachhaltigkeit geshoppt hat. Besonders schön ist es, wenn man sieht, dass die eigenen Sachen, die man am Tag vorher abgegeben hat, in gute Hände gekommen sind. Meine moosgrünen Wildleder-Ankleboots, die ich nicht häufiger als fünf Mal angehabt habe, ziehen jetzt im Kleiderschrank von Frauke ein, die ich bis dato nicht kannte. Beweisfoto gefällig?

 

Ich hoffe, die Schuhe tragen sie und ein passenden Outfit chic durch den Herbst. Und ich selbst habe auch etwas mit nach Hause tragen können: zwei Paar Schuhe, ein Halstuch und eine großartig megatolles vintage-angehauchtes Kleid. Alles in diesem Beutel versteckt:

 

 

Step 5: Heike und Saskia auf die Schulter klopfen

Ja, das haben sich die beiden Organisatorinnen, die tagelang für das Event non-profit für das Event geschufet haben, nämlich redlich verdient. Womit wir bei der Auflösung des oben angedeuteten „schwierigsten Part“ wären: Bei der unerwarteten Dynamik der Veranstaltung Nerven bewahren. Denn das, was da heute bei Kalle los war, war nur schwer auszuhalten, wenn man ohne Primark aufgewachsen und / oder sehr gut erzogen ist. Zunächst mal übertraf die Teilnehmerzahl beim Bremer Kleiderkreisel alle Erwartungen. Es war pickepackevoll, die Luft zum schneiden heiß und der Trubel entsprechend groß. Das allein ist natürlich nicht optimal, bringt mich und auch das taffe Organisationsduo allerdings noch lange nicht aus der Ruhe. Das zügellose Verhalten von Schnäppchenjägern, die nicht erst abwarten, dass Kleidung wieder auf dem Verkaufstisch landet (es wurde kontinuierlich Neues nachgelegt), sondern die armen Mädels, die die Veranstaltung unterstützen, wie die Aasgeier (sorry, aber so wirkte es) umkreisen und attackieren, hingegen war schwer zu ertragen. Ich habe es daher schnell aufgegeben, nach etwas zu stöbern – es machte einfach keinen Spaß, gegen Ellenbogen und gierige Blicke anzukämpfen. Aber ich bin auch deutlich älter als die Mehrheit des heutigen Publikums, das es gewohnt ist, das Taschengeld oder Azubigehalt bei Primark und H&M auszugeben und da im SALE die Rabattschlacht zu zelebrieren. Was gar nicht wertend gemeint ist – im Studium hab ich auch nur bei H&M eingekauft. Aber wenn man irgendwann über dreißig ist, gern bei Hallhuber oder in kleinen Boutiquen stöbert, dann ist das doch eine Art Kulturschock. Ich hatte mir das Ganze etwas gemütlicher vorgestellt, voll von Kreativen und Ü30, aber ich lag falsch. Ich glaube, auch die Organisatoren waren überrascht, was da heute los war.

 

Dennoch: Ich möchte nicht meckern, im Gegenteil. Es ist toll, durch solche Veranstaltungen das Konsumverhalten etwas nachhaltiger gestalten zu können. Apropos faires und nachhaltiges Shoppen – dazu hat Katja gerade erst etwas Hilfreiches geschrieben. Klickt mal vorbei! Und nun erst mal: Schönen Samstagabend Euch – vielleicht sucht Ihr morgen ja auch nach Euren Schrankleiche und stellt sie beim Kleiderkreisel ein. Den gibt´s nämlich auch online. Wie gut er funktioniert, kann ich Euch leider nicht berichten. ich selbst habe es noch nie ausprobiert.

 

 

 

About Sandra

Ich schreibe hier über drei Dinge, die mich jeden Tag aufs Neue beschäftigen: meine Heimatstadt Bremen, meine berufliche Selbständigkeit und mein Alltag als Mutter eines Kleinkindes. Was mir am Herzen liegt: Euch anzustiften! Zu Unternehmungen an der Weser, zu Mut im Berufsleben und zu einem humorvoll-offenen Herzen für Eure Kinder. Allen Herausforderungen zum Trotz. Dass es nicht immer einfach ist, Familie und Job zu vereinbaren, darum geht es hier nämlich auch ab und zu.

2 thoughts on “Tausch Dich chic: Kleiderkreisel goes Bremen

  1. Liebe Sandra, das hast du wirklich super analysiert! Genauso war´s! Hut ab auch vor den coolen Helfern im Hintergrund mit ihren Nerven aus Stahl! Die Hektik war nebenbei bemerkt völlig unnötig, denn schlussendlich haben alle schöne Sachen gefunden – und das hätten sie auch mit weniger Wühltischkämpfen! Selbst die Ü30-Frauen haben später für ihre Tausch-Coupons noch tolle neue Klamotten nach Hause getragen. 😀
    Dir einen lieben Dank fürs Schulterklopfen, das hat so richtig gutgetan!

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