Darf ich vorstellen? Fotograf und Spürnase Jonas Ginter!

Manchmal läuft das ja so mit dem Bloggen: Man entdeckt etwas – ein Projekt, eine Person, einen Ort oder sonst etwas – und nimmt sich fest vor, dazu einen Beitrag zu veröffentlichen. Und schiebt es dann vor sich her. Weil andere Beiträge noch warten. Weil man krank wird. Weil der Interviewtermin erst in einigen Wochen klappt. Und wenn es dann richtig doof läuft, ist der Geheimtipp schon längst keiner mehr, wenn man ihn dann auf den Blog veröffentlicht.

Genauso ist es mir jetzt mit Jonas Ginter ergangen. Dem Blog des Bremer Fotografen folge ich schon seit rund zwei Jahren – und von Beginn an war ich begeistert von seinen humorvoll-raffinierten Geschwisterbildern, seinen Einblicken in verfallene Gebäude und natürliche seinen Timelapse-Videos. Was ich vor allem daran mochte: Viele der Bilder und Videos zeigen Bremen auf eine Weise, wie man es viel zu selten sieht. So, wie ich es mag: facettenreich, ohne gängige Touristenattraktionen und mit dem Blick für den verborgenen Reiz, den man in Bremen erleben kann, wenn man nur genau hinschaut. Das tut Jonas nämlich: Genau hinschauen! Hier zum Beispiel.

jonas-ginter-360grad

Als ich ihn vor einigen Wochen bei einer Veranstaltung traf, griff ich die Gelegenheit endlich beim Schopfe und fragte ihn, ob wir uns mal treffen könnten. Weil ich gern was auf dem Blog über ihn schreiben würde. Es sagt ja, ich machte mit ihm einen Termin. Tja, und dann passierte noch vor unserem Treffen etwas, das Jonas im Nu von Geheimtipp  zu einem kleinen Medienstar machte. So ein bißchen wie bei Julia Engelmann war das: zuerst taucht ein Facebook-Post auf, der wird rege geteilt – und plötzlich schreibt die Süddeutsche drüber. Und SAT1 berichtet. Und diverse große Technikblogs. Und und und…  Worum es ging? Um dieses Video:

Zwei Jahre hatte Jonas an der Idee, nicht nur 360 Grad-Fotos, sondern auch Videos auf diese Weise zusammenzubasteln, getüftelt. Mit sechs Go-Pro-Kameras hat er es jetzt geschafft.

jonas-giter2

Dieser technischer Erfolg katapultierte ihn in den letzten Wochen auf der Bekanntheitsskala weit nach oben. Gerade hat er ein Video mit Fettes Brot gedreht und auch sonst rasseln die Anfragen nur so herein. Tja,  in diesem Sinne kommt dieser Beitrag jetzt eigentlich viel zu spät. So viele andere haben schon über Jonas berichtet. Aber egal – ich hab ihn trotzdem in Bremen-Findorff besucht.

Jonas-Ginter5jonas-ginter-portrait

In der Plantage 9 sitzt Jonas. Einem Haus, in dem sich viele Kreative tummeln. Gegenüber gibt´s einen Getränkemarkt – und einen Puff. „Du glaubst ja gar nicht, wie viele Männer im feinen Business-Outfit hier in der Mittagspause mal eben mit dem Kombi parken und im Haus verschwinden“, berichtet mir Jonas, der es in seinen Zigarettenpausen regelmäßig beobachten kann. Aber Jonas und ich sprechen weniger über bezahlte Liebe, mehr über Bremen. Und über das, was uns an der Stadt so gefällt.

Jonas ist ebenso wie ich nicht gebürtig aus Bremen. Und die Parallelen gehen weiter: Auch er kam 2006 an die Weser, auch er verbrachte die ersten Jahre auf der linken Seite der Weser. „Die Neustadt war mein Mikrokosmos, ich war total selten im Viertel“, erinnert er sich. Statt dessen traf man ihn abends im Mono oder in der Auszeit. Tagsüber an der Hochschule, denn dort hat er Journalismus studiert. Das Studium war auch der Grund, warum es ihn überhaupt in die Hansestadt verschlagen hat. „Ich war zuvor in Nicaragua und von dort aus war es recht schwierig, sich an einer deutschen Uni zu bewerben. Weil man eigentlich für die Aufnahmetests persönlich vorstellig werden musste, was ich nicht mal so eben einrichten konnte. Für eine Bewerbung in Bremen war allerdings nur ein Probetext nötig.“ Er schrieb eine Reportage, übers Bloggen. Zur Erinnerung: 2006. Da waren Blogs noch nicht in aller Munde. Seinen eigenen startete er 2008.

Jonas-Ginter1IMG_0156

Ein Filmprojekt mit arte und andere Jobs hier und da sorgten dafür, dass Jonas kein rasantes Studium hingelegt hat. Aber ganz ehrlich: darüber können wir wohl alle nur ganz froh sein. Man mag sich gar nicht vorstellen, wie schade es gewesen wäre, wenn er seine technischen Neugier und Fotografen-Spürnase nicht  permanent gefolgt wäre. Denn dieser Mann lebt vom Tüfteln und Probieren. Vom Steigen über Absperrgitter und vom stundenlangem Sitzen neben der Kamera. Ja, stundenlang. Denn für die Zeitrafferfilme braucht man ja Unmengen an Material. Schon verrückt, oder? Durch das beschleunigte Endergebnis lernt man zu entschleunigen. Beispielsweise, wenn man während der Breminale durch die Kamera über die Weser schaut, um solch ein wunderbares Filmchen zu zaubern.

Für mich ist Jonas mal wieder ein lebender Beweis, dass diszipliniertes Full-Time-Sitzen im Büro nicht Erfolge garantiert, sondern Unterbrechungen. Pausen. Rausgehen. Anderen zugucken. Einfach mal eine Kamera zu einer Leuchte umbauen und auch sonst um die Ecke denken.

jonas-ginter3

Was er an Bremen besonders mag, will ich bei meinem Besuch von ihm wissen. „Dass es hier so viele Menschen gibt, die im Verborgenen vor sich hin wurschteln, die ihre Stadt lieben. In Bremen gibt es so viele Weltmarktführer in wirtschaftlichen Nischen, das weiß kaum  jemand.“  Er schon. Seine Liebe zur Fotografie lässt ihn regelmäßig nach Geschichten suchen, die er mit Bildern erzählen kann. Durch seinen Entdeckergeist kennt Jonas auch einige Ecken Bremens, die man gern einmal übersieht. Die man sich aber dringend mal angucken sollte. Daher hab ich ihn nach seinen ultimativen Tipps für schöne, leckere, gesellige und spannende Orte in der Stadt gefragt. Und er hat geantwortet.

Best of Bremen by Jonas Ginter

  • mit der Fähre zum Café Sand übersetzen, nach rechts auf die Landzunge laufen, die in die Weser läuft, und dort den Sonnenuntergang genießen
  • am Molenturm ein Bierchen zischen
  • den Keller des Kaffe HAG-Geländes erkunden
  • beim Hütten-Tag das Bremer Stahlwerk besuchen
  • mit Kumpels in der Capri-Bar oder im Eisen sitzen („elementar wichtige Orte“)
  • im Runkens Eck oder dem Medoc etwas essen
  • durch Gröpelingen streifen

Na, da ist doch auch sicher für Euch etwas dabei, oder nicht? Mich findet Ihr in jedem Fall demnächst auf der Landzunge an der Weser sitzen. Mit Kamera. Und dem Wissen, dass ich mit ihr niemals annähernd so wunderbar umgehen können werde wie Jonas mit seiner. Ich bin gespannt, was er noch so mit ihr anfängt….

About Sandra

Ich schreibe hier über drei Dinge, die mich jeden Tag aufs Neue beschäftigen: meine Heimatstadt Bremen, meine berufliche Selbständigkeit und mein Alltag als Mutter eines Kleinkindes. Was mir am Herzen liegt: Euch anzustiften! Zu Unternehmungen an der Weser, zu Mut im Berufsleben und zu einem humorvoll-offenen Herzen für Eure Kinder. Allen Herausforderungen zum Trotz. Dass es nicht immer einfach ist, Familie und Job zu vereinbaren, darum geht es hier nämlich auch ab und zu.

One thought on “Darf ich vorstellen? Fotograf und Spürnase Jonas Ginter!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert