Es gibt Momente, da sind kleine Weisheiten so simpel wie zutreffend. Eine von ihnen sprach ich zufrieden am letzten Tag des Borkum-Aufenthalts aus: „Manchmal…. ja manchmal braucht es einfach nur eine heiße Suppe und gute Gesellschaft. Das gilt an der Nordsee eigentlich immer.“ Mir gegenüber saß Katja, draußen wirbelten Sandböen über den Südstrand und vor mir auf dem Tisch stand eine heiße Krabbensuppe. Es war Montag, es waren noch vier Stunden, bis die Fähre uns zurück aufs Festland bringen sollte. Es war der zweite Besuch in der Milchbude von Ralf Stonner. Und ich erschöpft und zufrieden.
Milchbuden sind neben den Strandzelten das deutlichste Charakteristikum an den Hauptstränden von Borkum – und das bereits seit der Kaiserzeit. Damals, als die feine Gesellschaft dort ein und aus ging, drehte sich wirklich alles um die Milch, meist um die „dicke Milch“, einer traditionellen Borkumer Speise aus Naturjoghurt, Buttermilch, normaler Milch und Schwarzbrot bzw. anderen „Topics“. Heute steht in den Milchbuden auf Borkum – acht sind es übrigens an der Zahl – deutlich mehr auf der Speisekarte. Katja und ich hatten uns das mal genauer angeschaut und waren am Tag vor dem Workshop zur Milchbude von Ralf Stonner geradelt.
Und hatten sie eingangs gar nicht gefunden. Denn was wir und scheinbar auch das Navigationsgerät im Handy nicht wussten: Bislang rotieren die Standplätze der einzelnen Milchbuden Jahr für Jahr. Zwei stehen jeweils am Südstrand, sechs am Nordstrand. Das Navi führte uns zum Südstrand. Dazu muss man wissen, dass wir da an besagtem Tag schon waren. Genau genommen waren wir dort gerade erst vorbeigeradelt und standen ohne es zu wissen nur wenige Meter vom Stonners entfernt, als wie das Navi befragten und es uns umkehren ließ. Irgendwann standen wir wieder nah am rot-weißen Leuchtturm und erfuhren „Nee, das Stonners ist aktuell am Nordstrand“. Ähm ja… Irgendwann hatten wir sie dann gefunden, die Milchbude, die uns empfohlen worden war. Warum genau, hatte man uns nicht verraten. Jetzt wissen wir es aber aus eigener Erfahrung: Ralf Stonner ist ein Netter, seine Krabbensuppe der Hammer und die selbstgemachte Fasanenbrause der perfekte Abschlussschluck nach einem langen Strandaufenthalt.
Ralf kann wirklich viel und lebendig aus dem Nähkästchen plaudern. Seit er 2 Jahre alt ist lebt er auf der Insel, seit 2003 hat er seine Milchbude. Er hat sie daher hautnah miterlebt, die Windhose 2004, die eine große Massenpanik am Strand ausbrechen ließ und eine Schneise der Verwüstung hinterließ. Und auch andere Daten von schweren Unwettern hat er noch genau im Kopf: Sturmfluten am 1.11.2006 und 09.11.2007 sowie den schlimmste Sturm seit Aufzeichnung der Wetterdaten, am 28.10.2013. Daher ist das Wetter und die Vorbereitung auf Wetterwechsel etwas, das ihn als Milchbuden-Besitzer stets beschäftigt. Denn wenn man nicht aufpasst, ist so ein kleines Bistro auch mal schnell hinüber. Es gilt daher nicht nur, die Nase aufmerksam in den Wind zu halten, denn wenn man da Veränderungen spürt, ist es meist schon zu spät. Statt dessen informiert sich Ralf Stonner regelmäßig beim Online-Wetterdienst seines Vertrauens („Windguru“) über das, was sich anbahnt – und behält immer recht. Wenn andere beruhigend abwinken und meinen „Ach, das ist doch noch gar nichts sicher, wie schlimm das ist“, trifft er bereits Vorbereitungen. Viel zu präsent sind ihm noch die Szenen der vergangenen Sturmfluten und sein groß ist sein Respekt vor den Naturgewalten.
Respekt hatte er lange Zeit auch vor einem expansiven Schritt: Seine Krabbensuppe nicht mehr nur in der eigenen Milchbude auf den Tisch zu bringen, sondern sie auch haltbar in Dosen in die Supermärkte. Die Wissenschaft des Konservierens, kochend, Abfüllen sei allein so schwer zu durchblicken, dass er anfangs noch sehr davor zurückgescheut haben erzählt er uns. Inzwischen hat er es gewagt, der Online-Shop für die Krabbensuppe ist da. Zur Qualität der Dosensuppe kann ich leider nichts sagen, denn ich habe sie frisch aus dem großen Topf in der Milchbude bekommen. Und was soll ich sagen: Die Version hat mir vorzüglich geschmeckt. Natürlich verrät Ralf nicht das genaue Rezept, aber der wesentliche Unterschied zu manch anderen Krabbensuppen ist, dass sie auf Fischbasis, nicht auf Gemüsebasis gekocht wird. und dann ist da noch ordentlich Würze drin, das hat mir gut gefallen. Wenn die Dosenvariante ähnlich gut schmeckt, dann hat man auf jeden Fall etwas Leckeres für den heimischen Herd. Man kann sie, so erfahren wir, auch sehr gut als Pastasauce verwenden. Das kann ich mir in der Tat auch echt gut als Kombi vorstellen.
Zum Abschluss unseres ersten Besuch gab´s dann noch traditionsgemäß Fasanenbrause. Dahinter verbirgt sich ein Sanddornschnaps, der mir als Nicht-Schnapstrinkerin erstaunlich gut gefällt. Schmeckt eher nach Saft als nach Alkohol. Ist aber dementsprechend gefährlich, mahnt uns Ralf. Und steckt uns bei unserem zweiten und gleichzeitig Abschlussbesuch gleich noch eine ganze Flasche für zuhause in die Hand. *hust*
Aktuell haben die Milchbuden geschlossen, aber ab 1. April könnt ihr Krabbensuppe und Fasanenbrause wieder selbst probieren. Vielleicht erinnert Ihr Euch dann an diesen Beitrag und kommentiert rückwirkend, wie Eure Erfahrungen waren. Vielleicht wart Ihr aber sogar schon mal da? Dann freue ich mich auch auf Meinungen.
Ich wünsch euch stets ne heiße Suppe und gute Gesellschaft vor der Nase!
Sandra
P.s. Ich habe gelost und die Gewinnerin des von Frau Wortkonfetti selbstgerakelten Seebeutels steht fest: Einen extradollen Konfettiregen für Melanie! Herzlichen Glückwunsch, die Tasche mit dem Motiv von Biene macht sich zu Dir auf den Weg nach Münster!
P.s. Noch mehr Borkum-Konfetti gibts hier:
Los geht´s mit #bloggenmitherz
Gastro-Tipp: Strandbistro Dünenbutje
Auf der Suche nach dem echten Borkumer Leuchtturm
Erste Impressionen des Workshop-Wochenendes
Klassenfahrtfeeling in der Jugendherberge
Hach. Wenn ich das so sehe und lese, kommt es mir so unwirklich vor, dass wir vor gerade mal einem Monat auf der Insel waren! Wahnsinn 🙂
Und ich muss unbedingt noch einmal herausfinden, wie man die Fasanenbrause macht.
Ich drück dich!
Katja
Hi Katja, ganz einfach :
Für eine 0,7 l. – Flasche nimmst Du 1/3 Korn ( 38 % ) und 2/3 Sanddornsaft. Dazu gibst Du ca. 2-3 Eßlöffel Zucker. Das mit dem Zucker mußt Du nach Geschmack ausprobieren. Das ganze dann ein paar Tage ziehen lassen.
Es war übrigens ein sehr nettes Interview mit Euch lebenslustigen Beiden :-).
Liebe Grüße von der Insel, die gerade ihre erste Sturmflut, diesen Herbst, hinter sich hat.
Ist aber alles gut gegangen, Dank der guten Wetterapp ( Windguru ).
Euer Ralf
Yeah! Das original Sanddornrezept -danke!