Man mag es glauben oder auch nicht: Ich mag bewölktes, nicht ganz so strahlendes Wetter auf Sylt. Es darf ruhig mal richtig öddelig grau sein, gern auch etwas stürmen. Solange es trocken bleibt – kein Problem.
Nach dem ersten strahlend blauen Sommertag in Hörnum bekomme ich am zweiten genau das: eine triste Wettervorhersage. Die Wetter-App verrät mir, dass es ab dem frühen Nachmittag regnen wird. Ein Grund mehr am Morgen nicht so sehr zu trödeln, sondern schnell aufzubrechen zu einem Spaziergang, der bei meinen Sylt-Aufenthalten eigentlich immer auf dem Programm steht: ein Gang um die Südspitze. Ich pflege die Tradition, auf der Westseite zu starten (am Strandübergang beim Breizh) und auf der Ostseite am Leuchtturm zu enden. Umgekehrt geht´s natürlich auch, aber irgendwie führt mich meine Intuition jedes Mal in die gleiche Richtung.
Und so stiefeln wir (der Mann ist inzwischen auch auf der Insel angekommen) nach einem hervorragenden Frühstück in unserem Hotel los. Durch die Dünen, auf denen die für die westliche Seite Hörnums so typischen Reetdachhäuser mit Blick aufs Wasser stehen. Also genau die Pfade entlang, die ich von meinem allerersten Sylt-Urlaub in Hörnum kenne, als wir dort genau solch ein Haus gemietet hatten. Traumhaft schön! „Sehen ein bißchen aus wie Sahnehäubchen auf einem echt leckeren Kuchen“, meint der Mann. Ja, ist was dran, es sind wirklich i-Tüpfelchen inmitten der Natur.
Nach nur wenigen Minuten – Hörnum ist eben wirklich angenehm überschaubar – erreichen wir den Holzsteg, der uns hinab zum Strand führt. Die steile Treppe macht leider schmerzhaft deutlich, wieviel sich die Natur von den Dünen in den letzten Jahren genommen hat. In den 90er führte der Weg noch sandig und ganz leicht abfallend hinunter. Heute ist es eine angefressene Sandklippe, die den Ort vor Sturmfluten & Co. schützt.
Daran können die Tetrapoden als Wellenbrecher, die man nach kurzem Gang in Richtung Süden erreicht, leider auch nur bedingt etwas ändern. Die Hörnumer Odde wird schmaler und schmaler. Jahr für Jahr.
Beim Spaziergang um die Südspitze sieht man immer viele Hunde umherlaufen. Wie immer erinnere ich mich an die Zeit, in der auch Charly mit uns diese Strecke absolvierte. Er fehlt sogleich noch viel mehr als sonst. Was hat ihm das doch immer Spaß gemacht, am Strand herumzuflitzen. Am liebsten mit dem größten Stock, den er vor Ort finden konnte…
Wir erreichen den südlichsten Punkt und sehen, wie das Wasser zusammenschwappt. Strömung von links, Strömung von rechts – klatsch! Wir setzen uns in den Sand und stehen auch so schnell nicht wieder auf. Statt dessen beobachten wir den Wellengang. Aber nicht nur den, sondern auch die Möwen und Seehunde, die sich vor Ort tummelten. Zahlreiche Fische scheint es an dieser Stelle zu geben, alle halten Ausschau nach Beute. „Ist hier das Ende der Welt?“ fragt uns eine Spaziergängerin. Wir schmunzeln. Und verneinen. Auch wenn es an dem wahnsinnig schmalen Stück Strand, das nach links verschwindet, nicht so aussieht: hier kann man tatsächlich weitergehen.
Das tun auch wir irgendwann. Bald sehen wir wieder den Leuchtturm, Die Surfschule, den Hafen. Und na klar, auch der Mann soll einen Crêpe in Hörnum probieren. Ich hatte am Tag zuvor schon einen, aber hey? Kann man auf Sylt zu viel Crêpes essen. Niemals!
Und noch jemanden muss meine Begleitung noch kennenlernen: Willi. Ich stutze. Willi? Hieß die Kegelrobbe früher nicht Wilhelmine? Ich versuche mich zu erinnern und zu begreifen: Ist es einfach nur eine Abkürzung, die sich durchgesetzt hat, oder doch inzwischen eine andere Robbe? Wir schlendern hinüber und tatsächlich ist Willi da. Steht entspannt und geduldig auf der Hinterflosse im Wasser, die Vorderflossen verschränkt wie ein alter Opa, der im Fernsehsessel sitzt. Und wartet. Auf die Kinder, die gleich kommen werde, um ihr Fisch zuzuwerfen. Denn Willi muss schon lange nicht mehr selber jagen. Eine lebende Hörnumer Sehenswürdigkeit wird natürlich gefüttert. Den Fisch dafür verkauft ein Fischstand direkt am Hafen. Guten Appetit!
Im Hotel höre ich, dass Willy noch die selbe Robbe ist wie früher. 30 muss sie ungefähr sein.
An Nachmittag fängt es dann tatsächlich an zu regnen. Und wie! Wir verziehen uns in die Hotel-Sauna. Eine wirklich schöne gepflegte Wellness-Fläche mit Dampfbad, Schwimmbad, Sauna und Infrarot-Kabine. Genau das richtige an so einem Tag.
Da uns zwischenzeitlich niemand frischen Fisch zuwirft, gehen wir am Abend essen. Der ehemalige Rostige Anker ist heute „Möllers Anker“ und unsere Gastgeber im Hotel sollten recht behalten: Die Küche ist ausgezeichnet. Bitte probiert vorweg unbedingt den überbackenen Ziegenkäse mit selbstgemachtem Chutney. Ein Traum!
Und damit geht dann auch im Nu der zweite Tag in Hörnum zuende. Am dritten Tag folgt der Abschied – aber nicht ohne einen letzten Spaziergang in der Natur. Wo genau, erzähle ich im nächsten Beitrag. Und mein Hörnumer Hotel stelle ich Euch auch noch vor.
Ersten Teil verpasst? Hier gibt´s Ein Wochenende in Hörnum #1
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