„Warnstreik“. Das Wort, das gestern an der Eingangstür zur Kita prangte, es kam nicht überraschend. Und doch hatte ich gehofft, dass der heutige Donnerstag ein gewöhnlicher Arbeitstag für mich sein würde. Die Woche hat bislang nämlich zu viele unbearbeitete Mails und zu wenig geschriebene Texte. Als ich den Aushang las, hatte ich zwei Möglichkeiten: entweder zu planen, den heutigen Donnerstag mit einem Mix aus Kind und HomeOffice zu verbingen. Oder ihn als vom Schicksal geschenkten freien Tag betrachten, an dem ich mich voll und ganz dem Lütten widme und das mit ihm tue, wozu seit Ende der Elternzeit kaum noch Raum bleibt. Die Entscheidung fällte ich ein paar Stunden später.
In dem Moment gestern nämlich, in dem ich antriebslos und frustriert auf dem Spielteppich hockte. Der Lütte und ich verbrachten einen dieser Nachmittage, die ewig zu sein scheinen. Einen Nachmittag, den ich extra freigehalten habe, um endlich mal ein paar Dinge im Haushalt zu erledigen. Doch was manchmal gut funktioniert, klappte gestern so gar nicht. Der Sohn, er wollte die volle Aufmerksamkeit. Sobald ich etwas tat, woran er nicht teilhaben konnte, ging das Gequengel los. Und gestern wollte ich ihn selten teilhaben lassen. Was eigentlich nicht meiner Natur entspricht, denn in neun von zehn Fällen darf er überall mitmachen: beim Abwaschen, beim Wäsche wegräumen, beim Wischen, beim Einkaufen, beim Blumen gießen. Aber es war eben einer dieser Nachmittage, wo man einfach nur mal alles wegschaffen möchte. Schnell, allein, wortlos.
In der Regel merken Kinder genau diese Stimmung sofort und tun alles dafür, dass die am Ende nicht besser wird. „Mama, auddo spiiihlen.“ Grmpfh, ich gab mich irgendwann geschlagen. Saß neben dem dann sehr zufriedenen Kind, rollte lustlos ein Auto vor und zurück und entschied: „Morgen machen wir es uns schön. Der Laptop bleibt aus, der Haushalt bleibt liegen und wir unternehmen das, was uns gemeinsam Spaß macht. Am Computer sitzen und das Kind jede Minute zu vertrösten funktioniert eh nicht.“
Ich führte mir außerdem vor Augen, dass ich mir beim beruflichen Wiedereinstieg vorgenommen hatte, die Flexibilität der Selbständigkeit ab und zu dafür zu nutzen, auch unter der Woche mal frei zu machen, um Zeit mit meinem Kind zu verbringen – und dass ich das bislang nur einmal gemacht habe. Kurz gesagt: Ich entschied mich, den unfreiwilligen Tag tatsächlich als Geschenk zu betrachten und bestmöglich zu nutzen. Und das hat gut geklappt, wie ich finde. Ich hab Euch ein paar Bilder mitgebracht. Quasi die Kitastreik-Version vom Wochenende in Bildern.
Kit-Streik Bremen – Unser Tag in Bildern
Der Morgen startet langsam und gemächlich. Zuerst gibt´s einen ausgiebigen Feuerwehreinsatz in meinem Bett, später spielt der Lütte noch etwas allein, während ich mich im Bad fertig mache. Ich erlebe ihn gutgelaunt und freue mich auf den Tag.
Nach einem ebenfalls langsamen Frühstück, bei dem das Müllauto auf der Straße zeitweise noch viel spannender ist als das geliebte Müsli, machen wir Post fertig. Der Lütte verschickt zwei Briefe mit Bildern, die er gemalt hat, an Menschen, die sich sicher darüber freuen werden. Die Umschläge werden ausgiebig mit Aufklebern verschönert.
Pünktlich gegen kurz vor Elf parken wir Rad und Anhänger an der Stadtbibliothek. Wir besuchen Gedichte für Wichte – eine Veranstaltung, die in der Elternzeit als Donnerstagsritual fest zur Woche gehörte.
Anschließend gibt es, na klar, Milchreis vom Emmi. Auch so ein Ritual. Weil sich die Sonne immer mal wieder zeigt, picknicken wir auf dem Robinsönchen.
Nach ein paar Buddeleinheiten treten wir den Heimweg an. Auf halber Strecke halten wir bei LIDL, wo es gerade Gartenzubehör und Sandspielzeug für Kinder gibt. Zuhause angekommen marschiert das Kind ohne Diskussionen ins Bett. Und ich auf die Couch.
Leider verirren sich dort einige Schokoladeneier in meinen Mund.
Um mich vom schlechten Gewissen wegen der Schokokalorien abzulenken, lausche ich via Jung & Naiv den Volksvertretern Merkel, Seehofer und Scholz. Der ehemalige Hamburger Bürgermeister ist so lebendig wie eine große Portion Valium, sagt aber durchaus gute Sachen. Seehofer glaubt vermutlich selbst nicht, was er sagt, und Angela… naja, Angela halt.
Nach einer Stunde auf der Couch mit Instagram, WhatsApp & Co. wirble ich ein Viertelstündchen mit dem Rest des Podcasts auf den Kopfhörern aufräumend durchs Haus. Dann wecke ich das Kind. (Etwas, das bis vor Kurzem undenkbar war, aber seit vier Wochen sind die Abende so zäh und lang, das der Mittagsschlaf zu lang scheint. Wir sind in der Testphase, ob verkürzter Mittagschlaf zurück zur gewohnten Abendroutine führt.)
Das bettwarme Kind hört ein bißchen „Der kleine Rabe Socke“. Eine Toniefigur, die wir zusammen mit „Unter meinem Bett 2“ heute in der Stadtbibliothek ausgeliehen haben.
Eine halbe Stunde später geht es raus. Denn Frühling ist, wenn einem auffällt, wie verwahrlost der Garten ist. Der Lütte hat sein neugekauftes Garten-Equipment mit und hilft anfangs tüchtig, später nur noch sporadisch beim Laub fegen, Stauden runterschneiden und Unkraut rupfen. Dafür weiht er seine ebenfalls etwas verwahrloste Sandkiste ein. Dass sie noch nicht frühlingsfrisch ist, stört ihm beim Sandkuchenbacken aber überhaupt nicht.
Nach eineinhalb Stunden zieht es uns wieder in Haus. Es ist halb 6, der Mann wird gleich kommen. Die Bonuskinder auch. Ich denke darüber nach, wie es wohl wäre, wenn jetzt häufiger gestreikt würde. Verstehen könnte ich es. Flexibel darauf reagieren und es als Geschenk betrachten könnte ich allerdings nicht jedes Mal. Über den Tag heute, über den freue ich mich allerdings sehr. Auch wenn er bedeutet, dass ich Samstag im Büro sitzen werde.
Wie reagiert Ihr, wenn die Kita dicht bleibt? Könnt Ihr manchmal auch das Gute in der Situation sehen oder erlauben Euch die Umstände das nicht? „Kita-Streik“ – was heißt dieses Wort für Euren Alltag?
Bei uns wurde nicht gestreikt, für jede Familie mit berufstätigen Eltern ist es schwierig, wenn es keine Großeltern direkt vor Ort sind. Wir können die fragen, nur reisen die mindestens zwei Stunden an, und sie arbeiten selbst teilweise noch. Der Mann würde Überstunden nutzen, und danach noch ins Büro fahren oder Homeoffice machen. Das funktioniert nur dank tollem Chef!
Wir haben übrigens auch zwei Kindergartengeräte, die werden aber ignoriert. Hier wird schon seit der Lütte so eineinhalb ist, einfach das Original von Mama und Papa genutzt. Dieses Jahr ist er allerdings sehr glücklich über seine eigene Schubkarre.
Ein Hoch auf tolle Chefs – davon muss es dringend mehr geben.
Das hört sich nach ganz leckerer Limonade an! Auch wenn der Anlass für die ErzieherInnen natürlich kein schöner ist, so finde ich es toll, was für einen entspannten Tag ihr Zwei hattet.
Sollte man öfter mal haben, das stimmt. 🙂
Liebe Grüße!
Katja
Ab und zu tut so ein unfreiwilliger freier Tag auf jeden Fall gut – wenn man ihn gut nutzen kann.